Gerald Drews

(*1954), deutscher Journalist, Autor, Moderator und AphoristikerFoto: Gerald Drews

Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Ich kam 1954 in einem Ort auf die Welt, der bis heute weder über eine eigene Postleitzahl noch eine eigene Telefonvorwahl verfügt, dafür aber zu den bekanntesten Bundeswehrstandorten in Deutschland zählt: Lagerlechfeld. Schon mit 17 stand ich Sonntag für Sonntag am Spielfeldrand des dortigen Fußballvereins - als Berichterstatter der Lokalzeitung; für eine Kickerkarriere hat es leider nie gereicht. Nach dem Abitur volontierte ich beim "Mantel" dieses Lokalblättchens, der Augsburger Allgemeinen. Später wechselte ich als Redakteur in die Verlagsgruppe Weltbild, ehe ich mich Mitte der 80er Jahre in Augsburg selbstständig machte. Damit folgte ich gewissermaßen den berühmten Kaufleuten Fugger, denn auch die waren 1367 aus dem kleinen Örtchen Graben 20 km nördlich nach Augsburg gezogen. Wie es der Zufall will: die Hälfte von Lagerlechfeld gehört verwaltungstechnisch zu eben jenem Graben.

Haben Sie als Selbstständiger gleich Bücher geschrieben?
Nicht ganz. Zu Beginn meiner Selbstständigkeit arbeitete ich zunächst als freier Journalist, etwa für Zeitschriften wie die längst eingegangene „Quick“, die "Bunte" oder das "Journal für die Frau", ehe ich um 1985 von einem Mitarbeiter der damals legendären Agentur Ferenczy gefragt wurde, ob ich nicht Lust hätte, ein Buch zu schreiben. Ohne zu zögern, sagte ich "Ja“, um dann zu erfahren, dass es sich um einen Ratgeber mit dem Titel "Dürfen Nachbarn alles?" handele. Und so wurde ich, quasi über Nacht, Ratgeberautor.

Welche Voraussetzungen haben Sie dafür mitgebracht?
Zugegeben: Von Jura hatte – und habe - ich eigentlich kaum Ahnung (ich habe gerade mal ein Semester Wirtschaftswissenschaften studiert und dann sehr schnell zugegriffen, als ich die Chance auf das Volontariat hatte). Dafür kannte ich Leute, die Ahnung hatten und die meine Manuskripte gegengelesen haben. So kam ich gut über die Runden, schrieb Bücher wie: "Ihre Rechte als Mieter", "Ihr Recht auf Sozialhilfe" oder "Ihr Recht bei der Scheidung". Alle diese Bücher haben sich ganz gut verkauft und mir wurden eigentlich keine, jedenfalls keine gravierenden, Fehler vorgeworfen. Da kam mir zugute, dass die Augsburger Allgemeine damals eine vorzügliche Ausbildung anbot, die bundesweit einen guten Ruf besaß.

Warum haben Sie nicht auf dieser Schiene weitergemacht?
Auch hier spielte, wie eigentlich bei allen meinen beruflichen Entscheidungen, der Zufall eine wichtige Rolle: Der damals ziemlich mächtige Verlagsmanager Michael Schindler aus dem Hause Weltbild fragte mich, ob ich ein Büchlein mit dem Titel "Latein für Angeber" machen wolle. Ich wehrte mich mit Händen und Füßen. Latein war mir in der Schule immer ein Gräuel. Aber Schindler nervte mich (heute muss ich sagen: zum Glück!) so lange, bis ich schließlich nachgab. "Latein für Angeber" ist bis heute mein bekanntestes Buch geblieben und hat sich mehrere 100.000 mal verkauft.

Da müssen Sie doch ein gemachter Mann sein!
Schön wäre es! Vom Reichtum der Fugger bin ich meilenweit entfernt, denn ein Büchlein, das fünf Euro kostet, bringt bei 5 % Tantiemen im Verlauf von nahezu 20 Jahren - naja, das kann jeder für sich selbst ausrechnen. Und allen, die glauben, mit Büchern richtig viel Geld verdienen zu können, denen muss ich sagen: Es gelingt vielleicht in einem von 100 Fällen. Der Rest ist Ehre!

Diese Einschätzung ergeben Sie quasi als Fachmann, denn Sie sind ja nicht nur Autor …
Das ist richtig. Denn nach meinen Erfahrungen mit den Rechtsratgebern bin ich sehr bald auf den Trichter gekommen, dass es besser ist, nicht alles selbst zu machen, sondern sich mit einem Netzwerk von Fachautoren zu umgeben. Auf diese Weise entstand vor rund 25 Jahren die Medienagentur Drews. Zum einen fragen Verlage ganz konkret an, wenn sie für bestimmte Projekte Autoren suchen. Zum anderen biete ich Verlagen Projekte an, die mir mein Autoren-Netzwerk zukommen lässt. Auf diese Weise sind nun in einem Vierteljahrhundert mehr als 1000 Bücher entstanden.

Sie machen aber trotzdem auch als Autor weiter …
Na ja, die ersten Bücher brachten mir den Ruf ein, auch ziemlich abstruse Themen populär aufbereiten zu können, und so erhielt ich - wir schreiben die frühen 90er Jahre - immer öfter Anfragen, Geschenkbücher zu verfassen, mit Titeln wie "Sags in Reim und Vers", 365 Tage Sonnenschein" oder "Die schönsten Sprüche fürs Poesiealbum". Das sind meist Bände mit Aphorismen oder Gedichten, häufig nach Themen sortiert, die dem Käufer die Suche vereinfachen, etwa wenn er einen Spruch für eine Glückwunschkarte oder Ähnliches sucht.

Und das hat Sie so fasziniert, dass Sie es nun auch einmal selbst versuchen wollten, oder?
So ähnlich! Die Wahrheit ist ganz profan: Als ich die Fahnen für diese Bücher zur Korrektur bekam, musste ich feststellen, dass auf der ein oder anderen Seite ziemlich viel "Luft" vorhanden war. Und weil ich mir nicht die Mühe machen wollte, diese mit Zitaten oder Gedichten zu füllen, die dann möglicherweise schon an anderer Stelle vorhanden gewesen wären, habe ich halt selbst etwas erfunden. Sprich: Meine Aphorismen sind nicht mehr und nicht weniger als Lückenfüller. Dass man sie trotzdem hier und da auch in anderen Werken findet, macht mich natürlich stolz.

Kurzum: Sie sind aus purem Pragmatismus zum Aphoristiker geworden?
So könnte man es sagen.

Was können wir denn demnächst von Ihnen lesen?
Nun, bei Heyne erscheint in Kürze eine wunderbare Sammlung, die ich mit meinem Journalistenkollegen Bernd Ellermann, der aus der Versicherungbranche kommt, zusammengestellt habe: "Es wird um Rückerstattung des beiliegenden Sohnes Hermann gebeten - die besten Stilblüten aus Briefen an die Versicherung“. Bei der Zusammenstellung habe ich teilweise Tränen gelacht. Außerdem läuft bei Pattloch seit 2009 eine recht erfolgreiche Reihe mit auf Geburtsjahrgänge zugeschnittenen Geburtstagsbüchern: "Ein ganz besonderer Jahrgang". Die Arbeit an diesem hübschen, mit nostalgischen Fotos unterlegten Büchlein macht enorm viel Spaß, weil sie den Lesern (und natürlich auch mir als Autor) eine Zeitreise in die unterschiedlichsten Jahrzehnte ermöglicht. Zurzeit sitze ich an den Jahrgängen 1941,1951,1961 und 1971, die im kommenden Jahr erscheinen werden. Ich wünsche mir sehr, dass der Verlag und ich bis zu meinem eigenen Geburtsjahr, 1954, durchhalten.

Und die Agentur?
Nun, jeder der sich im Buchbereich auskennt, weiß: Das Geschäft wird immer schwieriger. Leider bin ich kein Prophet und kann auch nicht sagen, wo der Zug hinfährt. Dass sich die Branche in den kommenden Jahren mehr denn je verändert wird, ist mir allerdings ziemlich klar. Was das gerade für, sagen wir einmal, schöngeistiges wie zum Beispiel Aphorismen bedeutet, vermag ich nicht zu sagen. Ich denke, dieser Bereich wird immer eine Nische bleiben und ich bin mir sicher, dass es für diese Nische stets eine Nachfrage geben wird. Aber wie schon einmal gesagt: Wer glaubt, auf diese Weise reich zu werden oder wenigstens seinen Lebensunterhalt zu verdienen, den muss ich enttäuschen. Mir jedenfalls ist es noch nie gelungen, reine Aphorismenbändchen an den Mann oder besser: den Verlag zu bekommen.

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