Gerhard Uhlenbruck
(1929 - 2023), deutscher Immunbiologe und Aphoristiker
Nach dem Medizinischen Staatsexamen erkrankte ich 1956 an Sarkoidose, einer seltenen Lungenerkrankung, an der auch der berühmte und von mir sehr verehrte Schriftsteller Thomas Bernhard seinerzeit erkrankt war.
In den meisten Fällen heilt sie aus, doch die Ursache der Krankheit ist bis heute unbekannt.
Für mich hatte das zweierlei Folgen: In der Lungenheilstätte Höchenschwand im Schwarzwald musste ich ein Jahr meine zuerst - wie so oft - als Tuberkulose diagnostizierte Krankheit auskurieren, d.h. mit Hilfe von Cortison.
Da diese Zeit nicht nur sehr triste war, sondern auch langweilig, begann ich nach dem Buch von Lutz Röhrich über Sprichwörter (Klinik-Bibliothek!) diese zu variieren und/oder neu zu interpretieren.
Da ich außerdem als zunächst unerlaubte Eigen-Initiative mit einem Geh-, Trab- und Lauftraining begann, führte ich Tagebuch. In diesem standen dann die täglichen Schritt-Leistungen und die täglichen Spruch-Variationen.
Nach einem Jahr wurde ich als geheilt entlassen, konnte etwa 5 KM traben und hatte Tagebücher mit aphoristischen Sentenzen. Als ich mich anschließend der unabhängig von mir entwickelten Lauftherapie nach Dr. van Aaken anschloss, lernte ich einen Läufer aus Aachen kennen, Josef Stippak, der einen Druckverlag hatte und sich anbot meine Sprüche zu drucken.
Die Bücher schickte ich zwecks Rezension (das war ich dem Verlag schuldig!) an den Deutschen Ärzte-Verlag, der sofort und kurzentschlossen einige Male Sprüche aus den Büchern von mir auf der "Letzten Seite" des Deutschen Ärzteblattes abdruckte.
So wurde die Buchabteilung des Ärzte-Verlags auf mich aufmerksam und druckte in mehreren Auflagen (!) kleine, mit wunderbaren Zeichnungen ausgestattete Büchlein mit meinen Aphorismen. "Entdeckt" wurde ich jedoch außerhalb der Ärzteschaft durch Prof. Wolfgang Mieder (University of Vermont, USA), der in einer in der Schweiz erscheinenden Zeitschrift einen ausführlichen Artikel über das Sprichwörtliche in meinen Aphorismen veröffentlichte. Dadurch wurde der Ott-Verlag in Thun auf mich aufmerksam und druckte Bücher mit Aphorismen von mir.
Schließlich kam ich auf diese Weise auch in Kontakt mit professionellen Schriftstellern wie Hans Horst Skupy und Hans Hermann Kersten, mit denen ich einige Sammelbände von Aphorismen herausgebracht habe.
So gesehen, hatte alles mit einer Krankheit begonnen, und endete mit etwas, was nicht unwesentlich zur Gesundung beigetragen hat: Mit geistiger (Schreiben) und körperlicher (Laufen) Bewegung.
Es gab aber noch einen dritten Effekt: Ohne diese Erkrankung hätte ich mich nie dem Fach Immunbiologie in wissenschaftlicher Forschung und Lehre verschrieben. Die Ursache der Sarkoidose-Krankheit zu ergründen, ist mir allerdings nicht gelungen, dafür aber die Entdeckung der sogen. Lektine und einiger damit in Beziehung stehender Substanzen. Allerdings musste ich feststelle, dass eigentlich die Lektine auch schon von einem anderen Forscher entdeckt worden sind.
Aber gut, das war mir von den Aphorismen auch schon klar geworden, dass ich nicht der erste war.
Oder, um mit einem Spruch von mir zu enden:
Das Rad der Geschichte wird immer wieder neu erfunden!
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