KarlHeinz Karius
(*1935), Urheber, Mensch und Werbeberater
Wahrheitsgemäß gebe ich hier aus freien Stücken zu Protokoll, dass ich im Lehrberuf Schriftsteller noch nicht einmal über die Mittlere Reife verfüge.
Als einfacher Ehemann, dreifacher Vater und achtfacher Großvater repräsentiere ich gleich mehrere soziale Randgruppen. Erschwerend kommt hinzu, dass ich als Werbeberater mehrfach der Massen-Manipulation und als Fan des Karlsruher Sport-Clubs immer wieder der sportlichen Instinktlosigkeit bezichtigt wurde.
Diese Rahmenbedingungen prägen unvermeidlich mein literarisches Schaffen.
Dabei weiß ich: Das beste Buch ist das unterlassene.
Dies ist das zweitbeste. Ich hätte es fast nicht geschrieben. Fast. Aber ich muss mich ranhalten. Ich spiele bereits in der Verlängerung. Nicht sehr beruhigend, dass Udo Jürgens auch nicht jünger ist.
An allem ist letztlich Bill Gates schuld. Die verbalen Untaten, mit denen ich Sie im Folgenden verunsichere, wären in früheren Jahren garantiert final in meinem Papierkorb gelandet. Allein schon deshalb, weil meine Handschrift bereits kurz nach der Realisation weder für Graphologie-Experten noch für mich zu dechiffrieren ist.
Aber dann mutierte ich zum Silver Surfer. Dass ich einige Produkte meiner privaten Werkbank harmlos auf meiner Homepage recycelte, führte zu einem Online-Exodus der unheimlichen dritten Art. Erstaunlich viele meiner verbalen Bedenklichkeiten machten sich selbstständig oder wurden adoptiert und googeln inzwischen mit einer Eigendynamik, die an Dschingis Khan erinnert, wild durchs World Wide Web. Falls Sie ihnen beim interaktiven Echtzeit-Herumstochern in der Informationssuppe irgendwo begegnen sollten, grüßen Sie sie bitte von mir.
Irgendwo? Es läppert sich. Bescheidenheit, verlass mich nicht!
Wenn das so weitergeht, wird es nicht mehr lange dauern, bis man mich mit „Verehrter Aphoristiker!“ anspricht, was für mich nicht ganz, aber fast, den Stellenwert von „Sie unwürdiger Persil-Etat-Gewinner, Sie!“ besäße…
Die Wege des Schicksals im allgemeinen und des Internets im Besonderen verlaufen brezelförmig. Da ich über keinen direkten Bezug zur Landwirtschaft verfüge, verwirrt es mich zum Beispiel, im gleichen Atemzug mit dem ansonsten nachvollziehbaren estländischen Sprichwort „Jedes Kalb hebt seinen Schwanz“ zitiert zu werden. Auch dass man mich in einem Atemzug mit Herkalit von Ephesus erwähnt, war in meiner Lebensplanung ursprünglich nicht vorgesehen. Ebenso wehrlos erlitten dieses dunkle Online- Schicksal inzwischen Clint Eastwood und Albert Einstein. Auch Mark Twain hat das auf keinen Fall verdient, nicht zu reden von Marie von Ebner-Eschenbach und Marc Aurel. Kafka schlage ich online quantitativ bereits um Längen und Kant bin ich auf den Fersen. Gut, Swami Vivekananda werde ich so schnell persönlich nicht begegnen, aber wie mache ich eigentlich Franz Beckenbauer klar, dass ich auf manchen Online-Spielfeldern häufiger zitiert werde?
Ich bitte, meine Entschuldigung flächendeckend anzunehmen.
Wie soll man das eigentlich nennen, was ich da auf der Werkbank meiner privaten Parallelwelt unaufgefordert produziere?
Die Google-Schubladen, in denen ich mich wiederfinde, klemmen:
Aphorismen?
Es war nie meine Absicht, Oscar Wilde zu nahe zu treten. Große Jungs wie er ziehen einsam ihre Kreise in der Champions League der Aphoristiker. Ich gebe bestenfalls in der Regionalliga mein Bestes.
Gedankensplitter?
Hier stört mich die Spreißelgefahr. Ich möchte niemand verletzen.
Zitate?
Dazu fühle ich mich nicht tot genug.
Vorschlag zur Güte : Nennen Sie es, wie Sie möchten. Hauptsache, es langweilt Sie nicht, was Ihnen da auf meiner wild wuchernden Spielwiese blüht.
Seien Sie aber fair. Bitte keine vorschnellen, abwertenden Vergleiche.
Als Geheimrat in Weimar zum Beispiel hatte man es garantiert leichter. Da schriebst du am Vormittag ein bisschen am „Faust“ und nachmittags blieb dir noch genügend Zeit, nebenher den Kieferzwischenknochen zu entdecken. Aber lotse mal dein Boot und deine Crew jahrzehntelang durch die stürmischen Fluten der Werbung immer wieder sicher in den Leonberger Hafen…
Ich bitte Sie also um Nachsicht.
In dubio pro Leo.
Ein gewisses Rest-Risiko bleibt. Falls dies ein Leser nicht einzugehen bereit ist, so möge er nun vortreten oder für immer schweigen!
KarlHeinz Karius
Autor von
“Jedes Kalenderblatt ist ein Wertpapier, dessen Kurs wir selbst bestimmen“
Bedenkliches & Bedenkenswertes
… bunt sortiert.
Weltweit exclusiv: mit Nutzen-Indikator !
Webseite von KarlHeinz Karius: http://www.worthupferl-verlag.de
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