Reiner Klüting
(*1955), deutscher Gymnasiallehrer und Aphoristiker
Reiner Klüting, geboren 1955 in Hemer, studierte 1975 – 1982 in Bochum Naturwissenschaften und Philosophie. Nach seiner Referendarzeit in Rheine war er von 1985 – 2011 Gymnasiallehrer für Philosophie, Politik, Chemie und Biologie in Bochum. Als Pensionär beschäftigt er sich neben seiner Passion für Schachturniere insbesondere mit philosophischen Themen, z. B. Lebenskunstphilosophie, Wirtschaftsethik, Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsgeschichte. Neben seinen Aktivitäten als Aphoristiker hat er auch Beiträge/Essays zu wissenschaftstheoretischen Problemen der Aphorismenforschung verfaßt, die teilweise veröffentlicht wurden, zuletzt zu Wertungsfragen und Rezeptionsmöglichkeiten aphoristischer Texte.
Zum „Aphorismus“ und zur „aphoristischen Tätigkeit“ bemerkt Reiner Klüting Folgendes:
„Dass Aphorismen oft in der Zuspitzung des Subjektiven eine Evidenz gewinnen, verdankt sich einer gewissen ontologischen Verrücktheit des Aphoristikers, welche eine reichhaltige Quelle für satirische, durch dialektischen Wortsinn geprägte Aphorismen sein kann. Als Virtuose der Seinsebenen jongliert der Aphoristiker zwischen differenzierter Erlebnisqualität und pointierter Schärfe. Hierzu gehört eine gesunde Skepsis gegenüber dem Alltagserleben, gepaart mit der Fähigkeit, über scheinbar Selbstverständliches zu staunen. Gleichzeitig sollte der Aphoristiker bescheiden bleiben und sich davor hüten, Erlösungsphantasien mit Aphorismen zu verbinden. Stattdessen sollte er sich bisweilen eingestehen, dass sprachliche Knappheit und das methodische Mittel der Rätselhaftigkeit oft eine Gedankenarmut herauslugen lassen, welche sich einer gewissen Faulheit und Kurzatmigkeit des Aphoristikers verdankt, der aufgrund seines impressionistischen Strebens nach lebensphilosophischer Sofortbefriedigung die Mühe der Entwicklung des Systems scheut. Positiv hervorzuheben ist die Internetpräsenz von Aphorismen- und Twitterforen, die die eher individualistisch-extravagante Aphoristik für ein größeres Publikum geöffnet hat, das nicht selten Aphorismen als literarische Kommunikationsform benutzt, bei der Autor und Leser sogar die Rollen tauschen können. Sowohl im Gespräch als auch beim Twittern kann das plötzliche Auftreten eines Aphorismus Gedankengänge improvisieren, abschließen, abrupt abbrechen oder gar auslöschen. Durch seine besondere Art der Gegenwartsaneignung kann ein Aphorismus jede Diskussion beleben, manchmal aber auch abtöten. Im positiven Fall gilt:
"Im Aphorismus zeigt sich ein Gleichgewicht von Reife und Faulheit.“
Veröffentlichung mit aphoristischen Notizen/Zeichnungen und Beiträgen zur Wertungsproblematik des Aphorismus:
Reiner Klüting, Werde der, den Du im nächsten Augenblick vergisst, edition winterwork Borsdorf 2013
Aphorismus zum Bild: "Der Schachspieler - ein Geist, der ein Brett vor dem Kopf hat."
Weitere Veröffentlichung
- (zs. mit Rolf Potthoff und Anselm Vogt) Leitkultur? Kultur light! – Aphoristisches Wörterbuch zur Kulturkritik, Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer Bochum 2007
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Reiner Klüting, Philosophische Aphorismen und Notizen, edition winterwork Borsdorf 2014.
Aphoristische Beiträge in Anthologien, Monographien, Zeitschriften und Kalendern
- Alexander Eilers / Tobias Grüterich (Hg.), Neue Deutsche Aphorismen, 2. Auflage edition azur Dresden 2013 (1. Aufl. 2010)
- Petra Kamburg / Friedemann Spicker / Jürgen Wilbert (Hg.), Wertsetzung – Wertschätzung. Der Aphorismus im Wandel der Werte, Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer Bochum 2013
- Spicker / Wilbert (Hg. Förderverein Deutsches Aphorismus-Archiv Hattingen), „Im Winter rücken die Wörter zusammen.“ (Michael Rumpf) – DAphA-Kalender 2013, Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer Bochum 2012
- Spicker / Wilbert (Hg.), „Die Zeit blättert den Tag um.“ (B. Brehl) – DAphA-Kalender 2012, Bochum 2011
- Kamburg / Spicker /Wilbert (Hg.), Gedanken-Übertragung, Bochum 2011
- Kamburg / Spicker / Wilbert (Hg.), „Gedanken sind unhöflich. Sie kommen ohne anzuklopfen.“ – Anthologie zum Aphorismenwettbewerb 2010, Bochum 2010 (unter dem Pseudonym „Emanuel Ockham“)
- Corisa (Hg.), Geistesblitze, Norderstedt 2010
- Anna Malgorzewicz (Hg.), Mysli w locie. Wspolpczesne aforyzmy niemieckie, Wroclaw 2009
- Gabriele Stenglein, Hartz IV? ... Was t(n)un?, Berlin 2009
- Jürgen Wilbert (Hg.), „Aus meinen Fehlern werden andere klug.“ – Festschrift zum 80. Geburtstag von Gerhard Uhlenbruck, Bochum 2009
- Kamburg / Spicker / Wilbert (Hg.), Gedanke, Bild und Witz, Bochum 2009
- „Schachaphorismen“ in: Carsten Köhler (Hg.), Rochade Europa, Sömmerda 3/2008
- Baeredel (Hg.), Zeitgeschenke, Engelsdorfer Verlag Leipzig 2007
- Kamburg / Spicker / Wilbert (Hg.), Gedankenspiel, Bochum 2007
- Kamburg / Wilbert / Spicker, "Im Getriebe wird das Sandkorn zur Macht." - Anthologie zum Aphorismenwettbewerb 2014, Bochum 2014
-
Friedemann Spicker / Jürgen Wilbert (Hg.), Der Aphorismus in Westfalen, Bochum 2013
Aufsätze / sonstige Beiträge
- Gedankenaufklärung und Verstehenshorizonte (Dokumentation einer Schullesung zs. mit Anselm Vogt), in: Kamburg/Spicker/Wilbert (Hg.), Gedanken-Übertragung, Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer Bochum 2011
- Psychologische Demaskierung im französischen und deutschsprachigen Aphorismus am Beispiel von La Rochefoucauld, Kraus und zeitgenössischen Aphoristikern (Reader zur Projektwoche des deutsch-französischen Schülertreffens an der Hildegardisschule in Bochum vom 20. – 25.9. 2010 anläßlich des 150jährigen Jubiläums), Eigenverlag (Privatdruck) 2010
- Der Schachspieler und das vorbeiziehende Leben – eine kleine Anekdote (Ausschnitt einer längeren Kurzgeschichte aus dem unveröffentlichten Vorabdruck (zs. mit Anselm Vogt) mit dem Titel „Philosophische Lebenshilfe als Ermutigung zur Freiheit: Eine polemische Auseinandersetzung mit gängigen Selbstverwirklichungsillusionen“), in Carsten Köhler (Hg.), Rochade Europa, Sömmerda 3/2008
- Vorwort zu Anselm Vogt, Zwischen Beliebigkeit und Fundamentalismus, Athena Verlag Oberhausen 2007
- Übergänge zwischen den Gattungen am Beispiel von satirischem Aphorismus und Kabarett (zs. mit Anselm Vogt), in: Spicker / Wilbert (Hg.), Größe im Kleinen - Der Aphorismus und seine Nachbarn, Bochum 2015
- Zwischen Gattungsidentität und Bedeutungskontinuum - Wissenschaftstheoretische Probleme der Aphorismenforschung, in Klüting, Philosophische Aphorismen und Notizen, Borsdorf 2014