Gedicht zum Thema: Buße

Zum Bußtage
(Jesaja 38, Vers 17)

Um Trost war mir sehr bange!
Oft hab' ich Tag und Nacht,
auf meinem Pilgergange
in Tränen zugebracht.
Wenn mich die Trübsalswogen
umtost mit Sturmgebraus,
dann schaut' ich nach dem Bogen
des ew' gen Friedens aus.

Um Trost war mir sehr bange!
Wie hat mein zagend Herz
gerufen: „Herr, wie lange!
Ach heile meinen Schmerz!“
War ich in Angst und Sorgen,
aß ich mein Tränenbrot,
dann klagt' ich jeden Morgen,
mein Gott, dir alle Not.

Um Trost war mir sehr bange!
Ich seufzte Tag für Tag,
wenn Leid und Grämen lange
auf meinem Herzen lag.
Und ward des Kampfes Ringen
in deiner Kraft vollbracht,
dann zog auf Andachtsschwingen
zu dir ich in der Nacht.

Um Trost war mir sehr bange
in meiner Sündennot,
und drohte mir die Schlange
mit ew' gem Höllentod,
dann wär ich fast vergangen
im Elend meiner Schuld.
Da rief ich mit Verlangen
zum Herrn um Gnad und Huld.

Du warst, Herr, mir Armen
so herzlich zugetan
und nahmst dich voll Erbarmen,
Gott meiner Seele an.
Damit sie nicht verdürbe
im Strome dieser Zeit
und nicht im Pfuhle stürbe
für alle Ewigkeit.

Du wirfst, Herr, meine Sünden
weit hinter dich zurück
und lässest Trost mich finden
und wahres Seelenglück.
Nun wäschest Du mich helle
im Blute Jesu Christ,
der meines Lebens Quelle,
mein lieber Heiland ist.

Nun willst du nicht gedenken,
der großen Missetat,
willst deinen Trost mir schenken
und Hilfe früh und spat.
Nun ist mir nicht mehr bange
in tiefster Seelennot,
weil ich dich froh umfange,
bis an den sel' gen Tod.

Nun jauchze, meine Seele,
in Glück und Ungemach!
Welch Leiden dich auch quäle,
o rühm' es tausendfach:
„Den Herrn hab' ich erkoren!
Die Liebe wanket nicht!
Dich hab' ich nicht verloren,
Gott, meine Zuversicht!“

Wilhelm Engelhardt

(1857 - 1935), Lehrer und Kantor

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