Gedicht zum Thema: Ballade, Moritat

Böser Traum.

In meinem Traume sah ich ihn,
in seinen Händen stark und kühn
Schwert und Dolch, vorüberziehn,
wie über die Haide das Ungewitter,
den Ritter

der deutschen Balladen,
der auf Thal- und Waldespfaden,
an Fluss- und Meergestaden,
vorbei an Land und Stadt und Schloss
sein Ross,

schwarz und rot wie in Flammen getränkt,
mit Zaum und Zügel nie behängt,
ohne Zuruf, Gebiss und Peitsche lenkt,
mit dumpfem Röcheln von Ort zu Ort,
immerfort, immerfort.

Ein Filzhut mit langer Feder schützt
sein dunkles Auge, das tiefgeschlitzt
glüht und wieder erlischt. So blitzt
und verglüht im Nebel bei Feuers Strahl
funkelnder Stahl.

Paul Verlaine

(1844 - 1896), französischer Lyriker, hatte enge Verbindung zum Bohème-Milieu, vagabundierte mit A. Rimbaud 1871-73 durch Nordfrankreich, England und Belgien

Quelle: Zweig (Hg.), Gedichte von Paul Verlaine. Eine Anthologie der besten Übertragungen, hg. von Stefan Zweig, Berlin, Leipzig 1902. Hier übers. von Karl Klammer. Originaltext der Übersetzung