24 Zitate und 75 Gedichte von Max Dauthendey.
Du gabst mir deinen kleinen, weichen Leib,
Du lagst so opfernd still.
In deinem Leibe müssen Lippen ruhn,
Die sehnen sich, mir wohlzutun
Und mein Geschlecht zu küssen.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Du bist der Besitz aller und du selbst besitzt alles.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Mein Zimmer hat nur Wände
Mein Zimmer hat nur Wände,
Und Fenster hat es keine,
Denn als mein Schatz gegangen,
Saß ich mit nassen Wangen,
Fand, daß die Sonne blende.
Ich schickte meine Hände,
Sie schleppten Mauersteine.
Sie bauten auf der Stelle
Mit Mörtel und mit Kelle
Für meine Seerlenruh
Die lauten Fenster zu.
Niemand sieht's, wenn ich weine,
Statt Licht sind um mich Steine
Und tröstend dunkle Wände.
Die Träne findet allein
Den Weg in meine Hände.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Nachtfalter
Nachtfalter
kommen verloren
Wie Gedanken aus
dem Dunkel geboren,
Sie müssen dem Tag
aus dem Wege gehen
Und kommen zum Fenster
um hellzusehen.
Und in die Nachstille
versunken,
Flattern sie zuckend
und trunken,
Sie haben nie Sonne,
nie Honig genossen,
Die Blumen alle
sind ihnen verschlossen.
Nur wo bei Lampen
die Sehnsucht wacht,
Verliebte sich grämen
in schlafloser Nacht
Da stürzen sie in das Licht,
sich zu wärmen,
Das Licht,
das Tränen bescheint
und Härmen:
Die Falter der Nacht,
die Sonne nie kennen,
Sie müssen an den Lampen
der Sehnsucht verbrennen.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Das Schicksal weiß immer das Beste für uns.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Du und ich
Wunschlose Seligkeit
Strömt deine Nähe über mich.
Der Alltag wird zur Sonntagszeit,
Unsterblich schlingt das Leben sich
Um uns. Und Menschengöttlichkeit
Fühl' ich bei dir durch dich.
Was einst gewesen, weiß ich kaum.
Die enge Welt wird weiter Raum.
Und Holz wird Eisen, Eisen Holz
Und Stolz wird Demut, Demut Stolz.
Gar wunderbare Weisen
Singt dann bei seinem Kreisen
Mein Blut im Paradies für mich.
Es haben alle Wünsche Ruh', –
Ich weiß nicht mehr, wer bist dann du.
Ich weiß nicht mehr, wer bin dann ich.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Maimond
Maimond schwebt über dem Fluß
Und liegt mir glatt vor dem Fuß.
Das Wasser rückt nicht von der Stelle
Und lugt nur hinauf in die Helle.
Ich schau übers Flußbett hinüber –
Ein Lied schlägt die Brücke herüber.
Es lacht eine Nachtigall
Eine Brücke aus Freude und Schall.
Es regt sich der Nachtwind im Laub –
Es fiel ein Gedanke zum Staub –
Maimond aus vergangenen Jahren
Liegt streichelnd auf alternden Haaren.
Maimond zog mich hin mit Verzücken
Sacht über die singende Brücken,
Und jünger wurde mein Gang,
Solange die Nachtigall sang.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Ein Herz, das in Liebe
zu deinem Herzen hält
Ein Stückchen sinkender Mond
Schaut über den Ackerrand,
Als vergräbt den Mond
Eine unsichtbare Hand.
Weit ins Land
Hängt Stern bei Stern in der Luft,
Und sie alle sinken bald
Wie der Mond in die Ackergruft.
Wo am Tage die Wege,
Berge und Brücken winken,
Hocken Laternen im Dunkel,
Die wie kleine Spiegel blinken.
Sie alle verlöschen
Und brennen nur ihre Zeit,
Dunkelheit aber steht hinter den Dingen
Und läßt nichts erkennen,
Als ein dunkles Kommen,
Vorüberrennen und Dingebenennen.
Und kein Tag
Und kein Licht kann frommen;
Nie wird die Dunkelheit
Der Welt ganz fortgenommen.
Nur ein Herz,
Das in Liebe zu deinem Herzen hält,
Nimmt von dir
Die Dunkelheit der ganzen Welt.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Wenn ich Gott nicht habe, so wird mein Leben hinbranden, fortgepeitscht von einer ewig unstillbaren Sehnsucht.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler
Erster Schnee
Fern, irgendwo im Himmelblau,
Ein sonderzartes Land.
Die Heiden weiß,
Besprossen lilaklare Primelblüten.
Blüten groß, offen erschlossen,
Augen, weite Augen, die an Tränen saugen,
Sanfte Augen, die ein Paradies behüten.
Mit weißen Fingern
Ein stilles Kind
Spielt mit den Primeln,
Lacht mit dem Wind.
Zaudernd auf schleichenden Zehen,
Über die Blüten,
Weiße Rudel
Von weißen Rehen.
Alles so licht und so eigen.
Einsam entblättert das Schweigen.
Max Dauthendey (1867 - 1918), deutscher Dichter und Maler