96 Zitate und 29 Gedichte von Ernst Moritz Arndt.
3.
Es saß ein Kindlein im weißen Kleid,
Ein Kränzlein trug es der Herrlichkeit
Von Rosen und Lilien schön gewunden,
Solche Blumen sind nicht auf Erden erfunden;
Auch war das Kindlein schön und süß,
Als käm' es aus dem Paradies.
Und wer das liebliche Kindlein sah,
Dem wunderbarliche Lust geschah,
Als wär' er zum Himmel schon hoch erhoben
Und hörte Gott Vater von Engeln loben
Und säh' die Stern' im Jubelring
Lobpreisen den Schöpfer aller Ding'.
Wohin das liebliche Kindlein kam,
Alle Zwietracht plötzlichen Abschied nahm,
Und Liebe und Friede und stille Freude,
Als wär' es schon Himmel, erfreut' die Leute.
Das Kindlein lieb, das dies getan,
Gleich Gottes Engel all' empfahn.
Das Kind auf Erden die Unschuld heißt,
Im Himmel auch ist es hoch gepreist
Vor heiligen Mächten und hohen Thronen,
Die rings um den Höchsten im Lichte wohnen,
Steht Gott zunächst zur rechten Hand
Und wird sein Liebling dort genannt.
Denn alles Schöne geworden ist
Durch Kindereinfalt zu jeder Frist,
Die Sonnen und Monden und hellen Sterne,
Die leuchten und winken aus weiter Ferne,
Der Blumenkeim, das Menschenherz:
Drum will es alles himmelwärts.
Das Kindlein hab' ich gekonterfeit
Mit seinem Kränzlein und weißen Kleid,
Daß Glaube und Sehnsucht der ewigen Liebe
Uns brünstig zum Himmel der Freuden hübe:
Denn wer das Kindlein zu sich hält,
Dem ist das Herz gar wohl bestellt.
Besonders Kindelein fromm und zart
Und holden Mägdlein von stiller Art,
Auch helles Gespiegel den reinen Frauen
Ich habe dies Bildchen gestellt zu schauen,
Daß drin sie spat und frühe sehn
Und werden gleich der Unschuld schön.
Ernst Moritz Arndt (1769 - 1860), deutscher Professor für Theologie und Verleger, wegen seiner antinapoleonischen Flugschrift "Geist der Zeit" von 1806 bis 1809 im Asyl in Stockholm
Quelle: Arndt, E. M., Gedichte. Reime aus einem Gebetbuche, 1808
Abschied von der Welt
Ade! Ich muß nun scheiden,
Ihr Freunde, gute Nacht!
In Freuden und in Leiden
Gar schwer ist's mir gemacht,
In Kummer und in Tränen,
In Arbeit und in Not;
Drum ruft mein heißes Sehnen:
O komm, mein Herr und Gott!
O komm und schleuß dem Matten
Die müden Augen zu,
Bett' ihm im kühlen Schatten
Die stille, sanfte Ruh',
Bett' ihm im kühlen Grabe
Den letzten weichen Pfühl,
Die letzte Liebesgabe
Vom ganzen Weltgewühl.
Ade! Ihr sollt nicht weinen,
Ihr Freunde lieb und fromm,
Das Licht wird wieder scheinen,
Das ruft dem Schläfer: Komm!
Das klingt in seine Kammer:
Steh, Schläfer, steh nun auf!
Steh auf vom Erdenjammer!
Dein Himmel tut sich auf.
Ade! Ihr sollt nicht klagen,
Daß nun ich hinnen muß,
Die Nacht wird wieder tagen
Mit Freudenüberfluß,
Der große Held der Frommen
Wird mit der Krone stehn,
Und Engel werden kommen
Und mich zu Gott erhöhn.
Ernst Moritz Arndt (1769 - 1860), deutscher Professor für Theologie und Verleger, wegen seiner antinapoleonischen Flugschrift "Geist der Zeit" von 1806 bis 1809 im Asyl in Stockholm
Quelle: Arndt, E. M., Gedichte. 1818
Wenigstens müssen die Gesetze des Staats die allgemeine Liebe und Gerechtigkeit in sich tragen, daß sie durch ihre Gesinnung und Weisheit würdig wären, ewig zu dauern.
Ernst Moritz Arndt (1769 - 1860), deutscher Professor für Theologie und Verleger, wegen seiner antinapoleonischen Flugschrift "Geist der Zeit" von 1806 bis 1809 im Asyl in Stockholm
Quelle: Arndt, Erinnerungen aus dem äußeren Leben, 1840
Freude
Freundlich leuchten dir Sonne, Mond und Sterne,
Freundlich schimmert das Blumenkleid der Erde,
Tiefer rauschet das Meer mit seinen Wellen
Furchtbar und lieblich.
Droben kreist in Sonnenglut der Adler,
Drunten sumset der Käfer und die Milbe,
Aus den Büschen tönen der Nachtigallen
Zärtliche Lieder.
Ja, du bist schön und golden, Mutter Erde,
Schön in deinen rosigen Abendlocken,
Duftig in deines Erwachens Silberschimmer,
Bräutlich und züchtig.
Lustig hüpfest du hin im Weltentanze,
Alle deine Kinder am warmen Herzen,
Wandelst freudig dahin in deiner Sonne
Funkelndem Reigen.
Lustig sei und lachend des Menschen Stirne!
Nur dem Fröhlichen blüht der Baum des Lebens,
Dem Unschuldigen rinnt der Born der Jugend
Auch noch im Alter.
Heiter schwimmet die Luft mit ihren Sternen
Auf dem Busen des sanftbewegten Meeres,
Doch gestaltlos zittern auf wilden Wogen
Bleichende Schimmer.
Ernst Moritz Arndt (1769 - 1860), deutscher Professor für Theologie und Verleger, wegen seiner antinapoleonischen Flugschrift "Geist der Zeit" von 1806 bis 1809 im Asyl in Stockholm
Quelle: Arndt, E. M., Gedichte. 1797
Frühlingslied
Wann das Veilchen blüht und der Kuckuck singt
Und die Nachtigall flötet im Busch,
Wann die Jugend munter zum Reigen springt
Und es rauscht durch die Blätter husch! husch!
Dann führet zum Baume, zum Quell
Die Gesellin der frohe Gesell,
Dann paart sich die Liebe im Busch.
Sei willkommen, Frühling, du süßer Gast!
Sei willkommen, du fröhlicher Mai!
Der die Freude bringt und die Sorge haßt.
Noch sind Leben und Jubel uns frei.
Auf! liebliches Mädchen, zum Tanz!
Weil dir blühet der liebliche Kranz
Der Jugend, ein fröhlicher Mai.
Wann der Winter schneit und das Alter friert,
Dann du wünschest und weinest umsonst;
Wer die Blume pflückt, die den Frühling ziert,
Der verstehet die glücklichste Kunst.
Süß Liebchen, wir kommen zur Stell' –
Wie dir glänzen die Äugelein hell!
Frau Luna, ihr Sternlein mit Gunst.
Ernst Moritz Arndt (1769 - 1860), deutscher Professor für Theologie und Verleger, wegen seiner antinapoleonischen Flugschrift "Geist der Zeit" von 1806 bis 1809 im Asyl in Stockholm
Quelle: Arndt, E. M., Gedichte. 1802