281 Zitate und 246 Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke.
Daß wir erschraken, da du starbst, nein,
daß dein starker Tod uns dunkel unterbrach,
das Bisdahin abreißend vom Seither:
das geht uns an; das einzuordnen wird
die Arbeit sein, die wir mit allem tun.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Aus dem Requiem für Paula Modersohn-Becker, geschrieben in Paris, 31. Oktober bis 2. November 1908
Ich kann mir kein seligeres Wissen denken, als dieses Eine: dass man ein Beginner werden muss. Einer, der das erste Wort schreibt hinter einen
jahrhundertelangen Gedankenstrich.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Quelle: Rilke, Theoretische Schriften. Aufsätze und Rezensionen, entstanden 1897-1922. Notizen zur Melodie der Dinge. Entst. um 1898, Erstdruck in: Sämtliche Werke, Frankfurt/M. 1965. Originaltext
Dieses ist das erste Vorgefühl des Ewigen: Zeit haben zur Liebe.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Quelle: Rilke, Tagebücher. Schmargendorfer Tagebuch, 1898
[III]
So viele Dinge liegen aufgerissen
von raschen Händen, die sich auf der Suche
nach dir verspäteten: sie wollen wissen.
Und manchmal in einem alten Buche
ein unbegreiflich Dunkles angestrichen.
Da warst du einst. Wo bist du hin entwichen?
Hielt einer dich, so hast du ihn zerbrochen,
sein Herz blieb offen, und du warst nicht drin;
hat je ein Redender zu dir gesprochen,
so war es atemlos: Wo gehst du hin?
Auch mir geschahs. Nur daß ich dich nicht frage.
Ich diene nur und dränge mich um nichts.
Ich halte, wartend, meines Angesichts
williges Schauen in den Wind der Tage
und klage den Nächten nicht ...
(da ich sie wissen seh).
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Quelle: Rilke, Die Gedichte, nach der von Ernst Zinn besorgten Edition der sämtlichen Werke, Insel Verlag 1957. 1906 bis 1926. Vollendetes
Alldieweil Lieb bei Lieb ist,
weiß Lieb nicht wie lieb Lieb ist;
wenn aber Lieb von Lieb scheidet,
weiß lieb Lieb wohl,
was lieb Lieb war.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Alle, die in Schönheit gehn,
werden in Schönheit auferstehn.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Alle Gefühle sind rein, die dir helfen, dich zu sammeln und zu erheben; unrein ist das Gefühl, das nur eine Seite deines Wesens ergreift und dich dadurch verzerrt.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Denn wir sind nur die Schale und das Blatt: Der große Tod, den jeder in sich hat, das ist die Frucht, um die sich alles dreht.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Schlußstück
Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns
mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker
Quelle: Rilke, Die Gedichte, nach der von Ernst Zinn besorgten Edition der sämtlichen Werke, Insel Verlag 1957. Das Buch der Bilder, 1902, 1905
Die Lage eines Menschen ändern, bessern wollen, heißt, ihm für Schwierigkeiten, in denen er geübt und erfahren ist, andere Schwierigkeiten anbieten, die ihn vielleicht noch ratloser finden.
Rainer Maria Rilke (1875 - 1926), René Karl Wilhelm Johann Josef Maria, österreichischer Erzähler und Lyriker