1 Zitat und 12 Gedichte von Katrin Krieger.
Ich danke den schlechten Zeiten
Ich danke den schlechten Zeiten,
den Neidern,
den Zicken,
den Boshaftigkeiten.
Dem Stolz,
dem Mißtrauen,
den Unsicherheiten,
dem Schwachsinn,
dem Unsinn,
dem Wahnsinn sogar.
Durch das eigne Erleben all dieser Gefühle,
zermalmt vom Mahlstein der Lebensmühle,
erwächst aus dem Schrot der Halm der Erkenntnis.
Zeit braucht der Keimling, sich zu gebären,
zeitlos jedoch die Frucht der Ähren.
© Katrin Krieger (*1976)
Gier
Der Wunsch nach allem,
was nicht mein...
Ich hasse mein Leben,
ich will so nicht sein...
Dies waren die Zeilen vergangener Zeit,
doch sind sie nicht Vergangenheit.
Es lebt in mir, es zerrt und quält,
bestimmend, verachtend...
fehlt Stabilität?
Der Haß auf mich gewinnt an Masse,
bläht auf, erstickt und wenn ich lasse
geschieht das Unglück ohne Steuer,
zerbricht es wieder das Gemäuer,
verschüttet mich im Mauerwerk.
Suche nach dem Wissen was
erbaute diesen Gegenpaß.
Vor was, warum, wozu der Schutz?
Am Ende auch nur Eigennutz?
Welche Aussicht bleibt denn noch
für's Leben, wenn es immer doch
zuückfällt in den Egoismus?
Ich spüre Scham, Versteck und Schutz,
fühle das Gefühl von Schmutz.
Dreckig ist das Bild von mir,
so dreckig, wie das Bild von Gier.
© Katrin Krieger (*1976)
Herzensangelegenheiten
Dinge, die von Herzen kommen
und mit Liebe behaftet sind,
erreichen wofür sie gegeben werden
und erfüllen somit ihren Sinn.
Dinge, die von Herzen kommen
und mit Liebe behaftet sind,
begleiten andere auf Erden
und führen sie zum Schicksal hin.
Dinge, die von Herzen kommen
und mit Liebe behaftet sind,
schweigen, statt das Wort zu brauchen
und geben andren Sprachen ihren Sinn.
Dinge, die von Herzen kommen
und mit Liebe behaftet sind,
schenken Menschen schöne Stunden,
doch nehmen auch die Trauer hin.
© Katrin Krieger (*1976)
Spielenachmittag
Das Kartenspiel der Leichtigkeit
erträgt die Schwermut und befreit
die Seele aus der Schachbrettfestung.
Die Mühlen hören auf zu mahlen,
das Spiel ergibt sich in den Zahlen,
die Stäbe punkten von allein.
© Katrin Krieger (*1976)
Gedanken III
War es falsch?
War es richtig?
Ist es ernst?
Ist es nichtig?
Wird es fruchten
oder sterben?
Oder zum Gespötte werden?
© Katrin Krieger (*1976)
Die Bekannte
Menschen die nur von sich selbst erzählen
und damit die Ohren der anderen quälen,
die ihr Erlebtes wie Strudel ergießen
und kein Stückchen Kuchen von andren genießen,
die sich nicht haben, die sich nicht kennen,
falsch spielen und es die Fehler der anderen nennen,
diesen Charakterzug in ihrem Revier,
hausierend tragen an jede Tür,
die mit Menschen sich nur dann verstehen,
wenn diese sie einzig im Mittelpunkt sehen,
die nichts mehr interessiert als ihre Person...
Kennen Sie diese Gattungsart schon?
© Katrin Krieger (*1976)
Das Bordell-Linien-Prinzip
Verletzung seiner Selbst
Additiv mit Erleichterung
Rückzug zur Unkenntlichkeit
Verlust der Sozialität
Unverständnis des Sinnes zu sein
Sehnsucht nach Opposition
Wirrung der Gedanken
Depersonalisierung und
Reduktion zum Nichts
Gestorbene Träume
Beerdigte Vorstellungen
Steigende Belanglosigkeit
Eigene Aussortierung und
Deportation
Verkrampfung ohne Kontrolle
Verlust der Gefühle von Körperlichkeit
Explosionen ohne Ankündigung
Eigenes Theater ohne Eintritt
Rampenlicht, doch keine Zuschauer
Schläge ins eigene Gesicht
Um Leben spüren zu können
Entgleitende Entkleidung
Machtwechsel der Fürsprecher
Ausbreitung der nackten Seele
In Erwartung des nächsten Stiches
Der Weg zum Schafott
Selbstgeführt an eigner Leine
Ketten des Vertrauens verloren und doch gefesselt
© Katrin Krieger (*1976)
Die gefundene Zahl
Ein Fund geschieht, wenn man nicht denkt,
wenn man erwartet nichts vom Leben.
Dann erst wird das Herz gelenkt,
wird ihm ein neuer Weg gegeben.
Der Ausgleich dabei ist der Faden,
der bindet, was zusammen soll.
Subtrahiert man beide Seiten,
ist das Ergebnis immer null.
Das Treffen von Gefühlen ohne
Worte zeigt zum zweiten Mal,
die Liebe nimmt dem Wort den Throne
und stärkt die Null in ihrer Zahl.
© Katrin Krieger (*1976)
Gedanken
Vergangener Tage
Gedenk ich gerade
Was einst war, gewesen ist.
Gelebte Stunden
Geleckte Wunden
In einer Zeit vor diesem Jetzt.
© Katrin Krieger (*1976)