32 Gedichte über Sterne.
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Sternschnuppe
Manchmal, in schwülen Sommernächten,
Wenn um die Rosen buhlt der Wind,
Löst schwindelnd sich vom Himmel droben
In jähem Fall ein irrend Kind.
Dann stehen wohl die Menschen drunten
Und starren still und bang empor,
Bis sich des Sternleins leuchtend Sinken
in der Unendlichkeit verlor,
Und greifen mit der Hand zum Herzen
Und sinnen einer Sehnsucht nach,
Die zuckend, leuchtend und verglühend,
In dunkle Tiefen niederbrach.
Anna Ritter (1865 - 1921), deutsche Dichterin und Novellistin
Wunderstern
Hätt einer auch fast mehr Verstand,
als wie die drei Weisen aus dem Morgenland,
und ließe sich dünken, er wär wohl nie
dem Sternlein nachgereist wie sie,
dennoch, wenn nun das Weihnachtsfest
seine Lichtlein wonniglich scheinen läßt,
fällt auch auf sein verständig Gesicht,
er mag es merken oder nicht,
ein freundlicher Strahl
des Wundersterns von dazumal.
Wilhelm Busch (1832 - 1908), deutscher Zeichner, Maler und Schriftsteller
Quelle: Busch, W., Gedichte. Schein und Sein, 1909