14519 Gedichte.
MOMENTE
Spatzen albern,
verhalten sich frei,
ein Eimer mit Kompost -
viel Leckerei...
Ein Windrad dreht durch,
in der Ferne ein Schnattern,
fleißige Züge laut rattern.
Momente der Stille
folgen dem Lärm,
ein erstes Zwinkern -
ein erster Stern...
© Daniel Behrens (*1969), Buchrestaurator, Maler und Lyriker
Geraubt, Verraucht, Verscharrt
Ich habe den Regen berührt, in ihm
waren die Bilder deiner Stimme eingefangen.
Tropfenmanier
trommelten sie gegen das Fenster zu meiner Seele,
die samt Regen
in die Erde versank,
Die Erde, in der du verscharrt.
Ich habe das Licht belauscht,
darin war die Stimme deiner Augen
gebündelt, die das Lied
von "Regenbogen" sang,
welch die verrauchten Morgens und Abends
und die Zeit dazwischen durchdrang,
der Tag, dem kein anderer folgte.
Ich habe den Wind umarmt,
darin waren die Brisen deiner Stadt geballt,
die wehten herüber
frostig und kalt,
denn der milde Sommerwind
wurde geraubt
mit allerhärtester Gewalt.
© Latif Havrest (*1953), Dr. phil., Dolmetscher und Sprachwissenschaftler
Amour fou
Wie schnell ist sie entzündet,
Doch kaum entzündet, schwindet
Sie glühend unter Rauch.
Man schwelgt in vollen Zügen,
Und drückt was noch verblieben,
Bevor es wehtut, aus.
© Hans Munch (*1958), deutscher Lyriker
Krähen
Sieh dort die Krähen im Geäst erstorbener Bäume.
Ihr Kot fiel auf die Erde und bracht sie zum Grünen.
Und aus dem Duft der Blumen schwollen ihnen Träume,
in denen sie sich selber schon als Götter schienen.
© Hans Munch (*1958), deutscher Lyriker
Seele
Das Gros der Wellenringe,
die einst dein Wurf beschwor,
brach sich bereits am Ufer
und die, die noch davor,
verflachen immer weiter
und laufen aus im Rund.
Ruht dann ihr Spiegel stille,
siehst du bis auf den Grund.
© Hans Munch (*1958), deutscher Lyriker
Echo und Narziss
Die süße Lust treibt Echo, den zu drängen,
der Hirsche jagend durch die Sträucher bricht.
Sie küsst ihn, doch Narziss erwidert nicht.
Lass ab! spricht er: Nie lass ich mich beengen
und bleibe hier! – Und flieht aus ihren Fängen.
Bloß: Bleibe hier! die Nymphe Echo spricht.
Beschämt deckt sie mit Laub ihr Angesicht
und lebt fortan in schwarzen Höhlengängen.
Doch weh! wen schaut Narziss im Bergquell dort?
Ein Jüngling nie gekannter Schönheit füllt
mit brennendheißer Leidenschaft sein Herz.
Doch unerreichbar ist der Schatz! Vor Schmerz
vergeht er schließlich vor dem Sehnsuchtsbild.
Ein gelbes Blümlein bleibt am Todesort.
© Lukas Wolfgang Börner (*1987), Germanist und Dichter
Quelle: Börner, Der Schlossweg, tredition 2020
Augen wie Sonnen
Blütenduft weht mir ums Herz
Ein Hauch von Frühling
© Daniel Behrens (*1969), Buchrestaurator, Maler und Lyriker
Weihnachtssonett
Nun schläft die Nixe wieder auf dem Grunde,
vom Eis gleich einer Decke überspannt.
Statt ihrer am erstarrten Waldesrand
erscheint die Zwergenschar zur selben Stunde.
Und zieht hinaus, hinaus mit froher Kunde
und flüstert mit dem Schnee in Stadt und Land
von Dingen, die hier lange keiner fand,
und mancher stößt in deine stille Runde.
Wacholderdrosseln vor dem matten Fenster,
am weiß bemützten Äpfelrest sich labend,
beglücken dich am frühen Heiligabend.
Verstummte Lieder säuseln wie Gespenster.
Es stimmt noch! Selig, wer mit vollen Händen
des Herzens Reichtum teilt, um Trost zu spenden!
© Lukas Wolfgang Börner (*1987), Germanist und Dichter
Quelle: Börner, Das Christkindl im Walde, epubli 2018
Die Nacht
Zeit für’s Auge, nun zu rasten,
Zeit, den Geist hinauszuhängen
aus den diesseitigen Fängen,
aus dem grellen Gitterkasten.
Die Welt steht Kopf, wir baumeln unten.
Zeit, aus wirren Bodenwurzeln
durch die Bäume, durch die Stunden
in den Weltenraum zu purzeln.
Nur der Schlaf begrenzt das All.
Zeit, im kühlen Schwarz zu gleiten,
im Gestirn zum ersten Mal
ohne Druck sich auszubreiten.
Die Nacht versucht, uns zu entlasten,
unser Selbstbild zu verringern,
um mit runden Kinderfingern
nach der Ewigkeit zu tasten.
© Lukas Wolfgang Börner (*1987), Germanist und Dichter
Quelle: Börner, Versepen, epubli 2015
Und, Stolz, was ist von dir geblieben?
Ach, eine andere Stirne wähle
Dir für das Gift, das du einst mir verschrieben.
Still, meine Seele!
Edgar Allan Poe (1809 - 1849), US-amerikanischer Journalist, Dichter und Literaturkritiker
Quelle: Poe, Gesammelte Werke, hg. von Franz Blei, München 1922. Bd. VI: Gedichte. Aus: Der glücklichste Tag. Übers. K. Merling