14599 Gedichte.
Knospen treiben's bunt!
Frühlings Farbenpracht erwacht,
neues Leben blüht.
© Helga Schäferling (*1957), deutsche Sozialpädagogin
Knospen treiben's bunt!
Neue Leidenschaft erwacht,
Sehnsucht wird gestillt.
© Helga Schäferling (*1957), deutsche Sozialpädagogin
Die Tagnachtlampe
Korf erfindet eine Tagnachtlampe,
die, sobald sie angedreht,
selbst den hellsten Tag
in Nacht verwandelt.
Als er sie vor des Kongresses Rampe
demonstriert, vermag
niemand, der sein Fach versteht,
zu verkennen, daß es sich hier handelt –
(Finster wird's am hellerlichten Tag,
und ein Beifallssturm das Haus durchweht)
(Und man ruft dem Diener Mampe:
»Licht anzünden!«) – daß es sich hier handelt
um das Faktum: daß gedachte Lampe,
in der Tat, wenn angedreht,
selbst den hellsten Tag
in Nacht verwandelt.
Christian Morgenstern (1871 - 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer
Quelle: Morgenstern, C., Gedichte. Palmström
Windstille
wie müdes Laub
legt sich das Meer
an die Ufer
nur ab und zu
leckt es
am Sand
Steine liegen leer
Sehnsucht nach mehr
Zärtlichkeit
© Anke Maggauer-Kirsche (*1948), deutsche Lyrikerin, Aphoristikerin und ehemalige Betagtenbetreuerin in der Schweiz
Abend in den Gassen
an den Wänden
reiben sich Schatten
und der sanfte Glanz
des Alters
liegt weich auf den Steinen
in die engen Gassen
fällt golden
das letzte Abendlicht
streift die Schatten
von den Wänden
dann verwischen sich
die Gassen
sanfter jetzt und steil
und langsam steigt
am trüben Abendhimmel auf
ein träger Mond
© Anke Maggauer-Kirsche (*1948), deutsche Lyrikerin, Aphoristikerin und ehemalige Betagtenbetreuerin in der Schweiz
Auf halbem Wege
Auf halbem Wege unseres Erdenlebens
Gewahrt' ich mich in einem finstern Walde,
Indem verfehlet war die grade Straße.
Ach, welch ein Graun ist's, wie er war zu sagen,
Der Wald, so fremd und störrig und entsetzlich,
Daß im Gedanken er die Angst erneuet:
So bitter ist er, daß Tod wenig bittrer.
Dante Alighieri
(1265 - 1321), italienischer Dichter und Philosoph; gilt als bedeutendster Dichter des europäischen Mittelalters, erhob Italienisch zur Literatursprache
Die Jugend kann auf spät're Zeit vertrau'n,
Allein das weiße Haar wird nicht mehr braun;
Stets enger wird der Platz, zu dem du eilst,
Je länger du auf dieser Erde weilst.
Abū ʾl-Qāsim Firdausi (ca. 934 - 1020), deutsch auch Ferdosi, Epiker, der ›Homer Irans‹, verfasste die Geschichte der Entstehung Persiens in 60.000 Doppelversen: »Das Königsbuch« oder »Shah-nameh«
Quelle: Firdausi, Heldensagen, übersetzt von Adolf Friedrich von Schack 1865. I, 3. Seim und Tur senden eine Botschaft an Feridun