14549 Gedichte.
An die Geliebte
Wäre ich eine Kerze,
ich würde dir den dunklen Pfad erleuchten.
Wäre ich eine Türe,
sie stünde dir immer offen.
Wäre ich ein Schwert,
du wärest meine Scheide.
Wäre ich dein Büstenhalter,
du hättest es nicht so schwer.
Wäre ich ein Scheich,
ich würde den Harem deinetwegen auflösen.
Wäre ich der Winter,
ich möchte in deinen Armen dahinschmelzen.
Wäre ich ein Nichts,
du wärest mein Alles.
© Manfred Schröder (*1938), deutsch-finnischer Dichter, Aphoristiker und Satiriker
Fehlen Beweise
triumphiert Überzeugung
Geburt des Glaubens
© Erhard Horst Bellermann (*1937), deutscher Bauingenieur, Dichter und Aphoristiker
Quelle: Bellermann, Gedankenreich, Engelsdorfer Verlag 2004
Schritte verhallen
auf den Pfaden des Lebens
Nur Fährten bleiben
© Erhard Horst Bellermann (*1937), deutscher Bauingenieur, Dichter und Aphoristiker
Quelle: Bellermann, Gedankenreich, Engelsdorfer Verlag 2004
Es ist Frühlingszeit!
Same fällt ins Erdenreich,
ist zur Frucht bereit.
© Helga Schäferling (*1957), deutsche Sozialpädagogin
Widerstand
oder
Erfahrung beim Erwachsen werden
Man fordert mich auf,
Stellung zu beziehen.
Man will die Parole wissen,
damit man mich einordnen kann,
ablegen
im Regal, wo schon so viele liegen.
Aber
es ist noch so viel in mir;
ich fühle micht nicht bereit,
abgelegt zu werden.
Ihr habt den Erledigt-Stempel
zu früh in die Farbe getaucht.
Noch bin ich es nicht!
© Kristiane Allert-Wybranietz (*1955), deutsche Dichterin und Lyrikerin
Quelle: Allert-Wybranietz, Trotz Alledem, lucy körner Verlag 1980
Noch tief verwoben
mit der Seelentiefe der Heimat
an der Pforte zur Alltäglichkeit stehend
erfriert die Seele
beim Blick auf die Tür,
die sich schon bald öffnet.
© Irina Rauthmann (*1958), deutsche Aphoristikerin und Lyrikerin
Viele Wünsche
auf meinem
Lebens-Wunschzettel
sind noch offen
...
Sie zu streichen
wäre der einfachste Schritt
zum erfüllten Leben.
© Irina Rauthmann (*1958), deutsche Aphoristikerin und Lyrikerin
Heilesbotschaft
Es ging ein Heil von oben aus,
vom Paradies, vom Vaterhaus.
Die Engel trugen es zur Erde,
damit es uns zu eigen werde.
Doch bleibt dem menschlichen Verstand
die Gottesbotschaft unbekannt,
weil er das, was er denkt und dichtet,
nach außen, nicht nach innen richtet.
Er faßt in seiner Prosa nicht
des Himmels herrlichstes Gedicht.
Zum Herzen nur ist es gekommen
und wird von ihm allein vernommen.
Karl May (1842 - 1912), eigentlich Carl Friedrich May, Pseudonym Karl Hohenthal; dt. Jugendschriftsteller