18 Zitate und 31 Gedichte über Advent.
Kein schöner Land
Das stille Tal im weißen Kleid umarmt von Schwarzwaldtannen,
kein schöner Land zu dieser Zeit, hat je ein Mensch begangen.
Verstummen wird der Takt der Hast, kein Plagen und kein Bangen,
all Müh' und Last zur Weihnachtszeit in Raum und Zeit gefangen.
Oh, wär das schön, wenn's allerorts und immer nur so wär,
Frieden und Besinnlichkeit fallen uns ganz plötzlich schwer.
Denn nach dem Fest, wie man längst weiß, geht es schon wieder los,
kein Schimmer mehr von Einigkeit, um Umsatz geht's jetzt bloß.
Hektik und Betriebsamkeit werden wieder groß geschrieben,
den Bettelmann am Straßenrand lassen wir links liegen.
Obdachlos und ohne Brot weiß er schon lang Bescheid,
es gibt kein schöner Land für ihn, selbst nicht nach dieser
»heiligen« Zeit.
© Uwe Merz (*1963), deutscher Künstler, Lyriker und Autor
Quelle: Merz, Ausgemalt, Books on Demand 2006
alles wartet
warten worauf
doch niemand weiß es
weiß
worauf wir warten
daß unter allem
verborgen
etwas wartet
schon immer wartet
etwas
ungesagtes
unsagbares
wesentliches
© Anke Maggauer-Kirsche (*1948), deutsche Lyrikerin, Aphoristikerin und ehemalige Betagtenbetreuerin in der Schweiz
Advent ist zunächst Warten, Erwarten. Das heißt, Tag für Tag in sich das Maranatha, das "Komm, Herr", aufsteigen lassen. "Komm für die Menschen! Komm für uns alle! Komm für mich selbst!"
© Frère Roger (1915 - 2005), eigentlich Roger-Louis Schutz-Marsauche, Gründer und Prior der ökumenischen »Communauté de Taizé«, 1974 ausgezeichnet mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 1989 mit dem Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen
Engel hätten es heute,
in unserem modernen Zeitalter
des Internets und E-Mailprogramms,
mit der Verkündigung
der Geburt des Jesuskindes
bedeutend einfacher als damals.
Auch die Hirten
könnten ihre Schafe
auf einem virtuellen Feld
weiden lassen.
© Gudrun Kropp (*1955), Lyrikerin, Aphoristikerin, Kinder- und Sachbuchautorin
Wintemacht
Es war einmal eine Glocke,
die machte baum, baum...
Und es war einmal eine Flocke,
die fiel dazu wie im Traum...
Die fiel dazu wie im Traum...
Die sank so leis hernieder,
wie ein Stück Engleingefieder
aus dem silbernen Sternenraum.
Es war einmal eine Glocke,
die machte baum, baum...
Und dazu fiel eine Flocke,
so leis als wie ein Traum...
So leis als wie ein Traum ...
Und als vieltausend gefallen leis,
da war die ganze Erde weiß,
als wie von Engleinflaum.
Da war die ganze Erde weiß,
als wie von Engleinflaum.
Christian Morgenstern (1871 - 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer
Quelle: Morgenstern, C., Gedichte. Kinderlieder
Die Botschaft
Hörst du den Engel?
Er verkündet die Freude
allen Menschen,
den alten und jungen,
den reichen und armen,
den kranken und schwachen,
den guten und bösen,
den klugen und dummen.
Höre ihm zu! Er meint auch dich!
© Regina Hesse (*1933), fabulierende Großmutter
Quelle: Hesse, Federleichte Gedankensprünge, 2007
Weihnachten gefunden
Worte die ins Nichts verschwinden,
Worte die man nicht gehört
werden plötzlich wieder deutlich,
werden nicht durch Furcht zerstört.
Augen, die sonst blind vor Leiden
sehen endlich wieder hell.
Münder, die sonst still, voll Schweigen
sprechen wieder laut und schnell.
Ohren, die sonst nichts mehr hören
öffnen sich dem neuen Wort,
weil der Heiland kommt hernieder
hier zu uns an diesem Ort.
All das Dunkle, all das Graue
wird nun hell und leuchtet klar,
weil die Sehnsucht in den Herzen
reif für diese Botschaft war.
Weihnacht nennt man diese Tage
wo die Seele Frieden trägt,
weil der Herzton aller Menschen
öfter miteinander schlägt.
© Klaus Flüß (*1958)
Zum ersten Advent
Kaffee-Duft atmet jetzt das Haus,
die Dämmerung bricht herein.
Jeder Raum sieht verzaubert aus
durch Tannenreis und Kerzenschein.
Am Adventskranz nun ein Lichtlein brennt,
sehr festlich sieht das aus.
Vorfreude auf das Weihnachtsfest
verbreitet sich im ganzen Haus.
Zum ersten Mal in diesem Jahr
ein Weihnachtslied erklingt,
Friede all' überall wird darin verkündt.
Oh, wäre das doch Wirklichkeit, wie glücklich
war das Jesus-Kind.
© Birgit Ramlow (*1948), Angestellte und Hobby-Aphoristikerin
Noch ist Herbst nicht ganz entflohn,
Aber als Knecht Ruprecht schon
Kommt der Winter hergeschritten,
Und alsbald aus Schnees Mitten
Klingt des Schlittenglöckleins Ton.
Und was jüngst noch, fern und nah,
Bunt auf uns herniedersah,
Weiß sind Türme, Dächer, Zweige,
Und das Jahr geht auf die Neige,
Und das schönste Fest ist da.
Tag du der Geburt des Herrn,
Heute bist du uns noch fern,
Aber Tannen, Engel, Fahnen
Lassen uns den Tag schon ahnen,
Und wir sehen schon den Stern.
Theodor Fontane (1819 - 1898), dt. Schriftsteller, Journalist, Erzähler und Theaterkritiker