28 Zitate und 3 Gedichte über Architektur.
Es gibt eine Architektur, die zur Landschaft gehört, und eine andere,
die sie zerstört.
© Reinhard Dellbrügge
(*1952), deutscher Autor
Das Lied der Straßen
Werke sind wir eurer Hochgedanken,
Mühsam werden wir durch eure Hände –
Aber nur den Anfang, nicht das Ende
Gebt ihr uns – denn wir sind ohne Schranken!
Leblos scheinen wir wie Stein und Mauer
Unter Sonnenbrand und Sturmeshieben.
Doch wir leben! Denn wir können lieben,
Und wir liegen immer auf der Lauer!
Aber Freunde sind wir lieber, Gatten,
Eingeweihte aller Heimlichkeiten –
Eurer Fenster späte Schimmer gleiten
Über uns und alle eure Schatten.
Eure Dirnen, Bresthaften und Armen,
Die um falscher Ordnung willen schmachten,
Und die Einsamen, die euch verachten,
Suchen uns – denn wir sind das Erbarmen!
Und wir dulden eure Narrenzüge,
Eurer harten Füße blindes Treten
Hinter Heiligen und Trugpropheten,
Euren Götzendienst vor Macht und Lüge.
Siegeszeilen eurer Schlachtenlenker,
Bühnen demagogischer Gelüste,
Tragen wir Triumphe, Blutgerüste,
Krönen heute und sind morgen Henker.
Und wir dauern noch, wenn längst zunichte
Eure Macht von Fürsten und Tribunen –
Andre Völker deuten dann die Runen
Unserer Steine – wir sind die Geschichte!
Anton Wildgans (1881 - 1932), österreichischer Jurist, Dramatiker und Lyriker; 1921/22 und 1930/31 Direktor des Wiener Burgtheaters, der nach ihm benannte A.-Wildgans-Preis kommt jüngeren österreichischen Autoren zugute
Quelle: Wildgans, Gedichte. Herbstfrühling, 1909
Die Stimmung, die von der Baukunst ausgeht, kommt dem Effekt der Musik nahe.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung
Quelle: Goethe, J. W., Gespräche. Mit Johann Peter Eckermann, 23. März 1829
Die Konstruktion nimmt die Rolle des Unterbewußtseins ein.
Karl Bötticher (1806 - 1889), Karl Gottlieb Wilhelm Bötticher, auch: Carl Boetticher, deutscher Architekt, Archäologe und Kunsthistoriker
Quelle: Benjamin, Das Passagen-Werk, entstanden 1927-1940, Erstdruck 1982 (posthum). Paris, die Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts. Originaltext. Benjamin zitiert Bötticher (Quelle unbekannt)
Die Gothische Bauart, wie auffallend auch ihre Mißverhältnisse sind, ergreift die Phantasie auf eine unwiderstehliche Weise. Wie leicht schießen diese schlanken Säulen so himmelhoch hinan! Durch welche Zauberkraft begegnen sich ihre höher sprossenden Äste, und schließen den spitzen kühnen Bogen!
Georg Forster (1754 - 1794), eigentlich Johann Georg Adam Forster, deutscher Naturforscher, Reiseschriftsteller und Politiker
Quelle: Forster, Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich im April, Mai und Junius 1790, 1791. Oxford
Architektur ist eine Sprache: Sie drückt aus, woher wir kommen, wer wir sind und wohin wir wollen.
© Alexander Beck (*1968), deutscher Architekt, Doktor-Ingenieur und Professor für Bauprojektmanagement
Wäre die Natur behaglich, hätten die Menschen die Architektur nicht erfunden.
Oscar Wilde (1854 - 1900), eigentlich Oscar Fingal O'Flahertie Wills, irischer Lyriker, Dramatiker und Bühnenautor
Ärzte können ihre Fehler begraben, aber ein Architekt kann seinen Kunden nur raten, Efeu zu pflanzen.
George Sand (1804 - 1876), eigentlich Lucie Aurore Dupin, französische Schriftstellerin
Symbiose – Zweiklang im Einklang.
© peter e. schumacher (1941 - 2013), Aphorismensammler und Publizist