8 Gedichte über Bauer.
Abendlied eines Bauermanns
Das schöne große Taggestirne
Vollendet seinen Lauf;
Komm wisch den Schweiß mir von der Stirne,
Lieb Weib, und denn tisch auf!
Kannst hier nur auf der Erde decken,
Hier unterm Apfelbaum;
Da pflegt es abends gut zu schmecken,
Und ist am besten Raum.
Und rufe flugs die kleinen Gäste,
Denn hör, mich hungert's sehr;
Bring auch den kleinsten aus dem Neste,
Wenn er nicht schläft, mit her.
Dem König bringt man viel zu Tische;
Er, wie die Rede geht,
Hat alle Tage Fleisch und Fische
Und Panzen und Pastet;
Und ist ein eigner Mann erlesen,
Von andrer Arbeit frei,
Der ordert ihm sein Tafelwesen
Und präsidiert dabei.
Gott laß ihm alles wohl gedeihen!
Er hat auch viel zu tun,
Und muß sich Tag und Nacht kasteien,
Daß wir in Frieden ruhn.
Und haben wir nicht Herrenfutter;
So haben wir doch Brot,
Und schöne, frische, reine Butter,
Und Milch, was denn für Not?
Das ist genug für Bauersleute,
Wir danken Gott dafür,
Und halten offne Tafel heute
Vor allen Sternen hier.
Es präsidiert bei unserm Mahle
Der Mond, so silberrein!
Und kuckt von oben in die Schale
Und tut den Segen h'nein.
Nun Kinder esset, eßt mit Freuden,
Und Gott gesegn es euch!
Sieh, Mond! ich bin wohl zu beneiden,
Bin glücklich und bin reich!
Matthias Claudius (1740 - 1815), deutscher Dichter, Redakteur, Erzähler und Herausgeber des Wandsbecker Boten, Pseudonym Asmus
Quelle: Claudius, Asmus omnia sua secum portans, oder Sämtliche Werke des Wandsbecker Bothen, 1774-1812. Dritter Teil
Mahnung! 1917
Bauer, schaff' Fett, Bauer, gib Brot,
Der Hunger tut weh, und groß ist die Not;
Ein Satter muß stehn, wo die Esse loht;
An dich geht des Volkes heilig' Gebot:
Bauer, schaff' Fett, Bauer, gib Brot.
Und schaffst du kein Fett und gibst du kein Brot –
Die Grube verödet, die Esse verloht:
Umsonst ist der Kampf, umsonst war der Tod;
Bald pocht dir der Feind ans Hoftor und droht:
Bauer, schaff' Fett, Bauer, gib Brot!
Paul Keller (1873 - 1932), deutscher Schriftsteller
Quelle: Keller, P., Gedichte und Gedanken, 1933
Bleib du, wie du es immer warst, der Scholle
Getreuer Sohn – wie auch die rasche Welt,
Die wandelbare, ewig unruhvolle,
Ihr Schwert und ihre Siegesfahnen stellt.
Pflüg deine Erde, säe deine Saaten
Und tu das Rechte, grad und ohne Scheu,
Wie es in schwerster Zeit die Väter taten,
Nur ihrem Herrgott und sich selber treu.
Gustav Schüler (1868 - 1938), deutscher Dichter
Pastoralerfahrung
Meine guten Bauern freuen mich sehr;
Eine »scharfe Predigt« ist ihr Begehr.
Und wenn man mir es nicht verdenkt,
Sag ich, wie das zusammenhängt.
Sonnabend, wohl nach elfe spat,
Im Garten stehlen sie mir den Salat;
In der Morgenkirch mit guter Ruh
Erwarten sie den Essig dazu;
Der Predigt Schluß fein linde sei:
Sie wollen gern auch Öl dabei.
Eduard Mörike (1804 - 1875), deutscher Erzähler, Lyriker und Dichter
Quelle: Mörike, E., Gedichte
Der Sämann streut die reiche Saat
Still hoffend in die lockre Erde;
Sein ist der Wille, sein die That,
Gott weiß, ob sie entkeimen werde.
Ja, hoffe still und streue fort,
Streu aus nimmermüden Händen,
Ob sie verweht, ob sie verdorrt,
Du darfst dein Säen drum nicht enden,
Und frag' nicht, wann ein Frühlingsblick
Die Saat dir reift mit lindem Lichte,
Denn Gott vollendet dein Geschick;
Dein ist die Saat, sein sind die Früchte!
Hermann Kletke (1813 - 1886), deutscher Schriftsteller und Publizist
Du sehr verachter Baurenstand,
bist doch der beste in dem Land.
Kein Mann dich gnugsam preisen kann,
wenn er dich nur recht siehet an.
Du bist du billig hoch zu ehrn,
weil du uns alle tust ernehrn.
Natur, die liebt dich selber auch,
Gott segnet deinen Baurenbrauch!
Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1622 - 1676), deutscher Erzähler
Quelle: Grimmelshausen, Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch (auch: Simplicius Simplicissimus), 1668
Der Bauer und sein Sohn
Der Bauer steht vor seinem Feld
und zieht die Stirne kraus in Falten.
"Ich hab den Acker wohlbestellt,
auf reine Aussaat streng gehalten;
nun seh mir eins das Unkraut an!
Das hat der böse Feind getan!"
Da kommt sein Knabe hochbeglückt,
mit bunten Blüten reich beladen;
im Felde hat er sie gepflückt,
Kornblumen sind es, Mohn und Raden.
Er jauchzt: "Sieh, Vater, nur die Pracht!
Die hat der liebe Gott!" gemacht!"
Julius Sturm (1816 - 1896), Julius Carl Reinhold Sturm, Pseudonym Julius Stern, deutscher Dichter und Liedertexter
Quelle: Sturm, J., Gedichte, 1850