83 Zitate und 51 Gedichte über Baum, Wald.
Jeder Ast eines Baumes kennt eine Geschichte – ein alter Baum ist Geschichte.
© Klaus Ender (1939 - 2021), deutsch-österreichischer Fachbuchautor, Poet, bildender Künstler der Fotografie
Von einem dürren Baume kann man keine Früchte sammeln.
Euripides (480 - 407 v. Chr.), griechischer Tragödiendichter
Zum Glück gibt es immer wieder Bäume
am Rande unserer Lebensstraße
in deren Schatten wir ausruhen können
© Karl Miziolek (1937 - 2021), österreichischer Hobbypoet
Der Wanderer in der Sägmühle
Dort unten in der Mühle
Saß ich in süßer Ruh'
Und sah dem Räderspiele
Und sah den Wassern zu.
Sah zu der blanken Säge,
Es war mir wie ein Traum,
Die bahnte lange Wege
In einen Tannenbaum.
Die Tanne war wie lebend,
In Trauermelodie
Durch alle Fasern bebend
Sang diese Worte sie:
Du kehrst zur rechten Stunde,
O Wanderer, hier ein,
Du bist's, für den die Wunde
Mir dringt ins Herz hinein!
Du bist's, für den wird werden,
Wenn kurz gewandert du,
Dies Holz im Schoß der Erden
Ein Schrein zur langen Ruh'.
Vier Bretter sah ich fallen,
Mir ward's ums Herze schwer,
Ein Wörtlein wollt' ich lallen,
Da ging das Rad nicht mehr.
Justinus Kerner (1786 - 1862), deutscher Arzt, Dichter der schwäbischen Romantik und Romanautor
Einkehr
Bei einem Wirte wundermild
Da war ich jüngst zu Gaste.
Ein goldner Apfel war sein Schild
An einem langen Aste.
Es war der gute Apfelbaum
Bei dem ich eingekehret
Mit süßer Kost und frischem Schaum
Hat er mich wohl genähret.
Es kamen in sein grünes Haus
Viel leichtbeschwingte Gäste
Sie sprangen frei und hielten Schmaus
Und sangen auf das Beste.
Ich fand ein Bett in süßer Ruh
Auf weichen, grünen Matten
Der Wirt er deckte selbst mich zu
Mit seinem kühlen Schatten.
Nun fragt ich nach der Schuldigkeit.
Da schüttelt er den Wipfel
Gesegnet sei er allezeit
von der Wurzel bis zum Gipfel.
Ludwig Uhland (1787 - 1862), deutscher Dichter, Literaturwissenschaftler, Jurist und Politiker, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung
Der Apfelbaum
In eines Bauers Garten stand
Ein schöner Apfelbaum; doch neigten Hang und Winde
Und Alter ihn zu weit nach linker Hand.
Der Bauer sahs; berief sein Hausgesinde,
Und hielt geheimen Rat. In diesem ward erkannt:
Den Baum mit umgelegten Stricken
Und mit vereinter Kraft ins Gleichgewicht zu rücken.
Man schritt zum Werk, das rasch von Statten ging.
Kein Wunder, zwanzig Ärzte zogen
So derb, daß sie den Stamm noch mehr zur Rechten bogen,
Als er zuvor sich nach der Linken hing.
Zum Teufel! fluchte Kunz, ihr seid so dumm als Pferde,
Der Baum soll aufrecht stehn. Nun schritten klein und groß
Zur zweiten Kur; allein die Wurzeln rissen los
Und krachend fiel der Baum zur Erde.
Gottlieb Konrad Pfeffel (1736 - 1809), deutscher Fabeldichter und Erzähler
Der Lieblingsbaum
Den ich pflanzte, junger Baum
Dessen Wuchs mich freute,
Zähl ich deine Lenze, kaum
Sind es zwanzig heute.
Oft im Geist ergötzt es mich
Über mir im Blauen
Schlankes Astgebilde, dich
Mächtig auszubauen.
Lichtdurchwirkten Schatten nur
Legst du auf die Matten,
Eh du dunkel deckst die Flur,
Bin ich selbst ein Schatten.
Aber haschen soll mich nicht
Styrisches Gesinde,
Weichen werd ich aus dem Licht
Unter deine Rinde.
Frische Säfte rieseln laut,
Rieseln durch die Stille.
Um mich, in mir webt und baut
Ewger Lebenswille.
Halb bewusst und halb im Traum
Über mir im Lichten
Werd ich, mein geliebter Baum,
Dich zu Ende dichten.
Conrad Ferdinand Meyer (1825 - 1898), Schweizer Novellist, Dichter und Epiker
Ein Lied vom Reifen, d.d. den 7. Dez. 1780. Wandsbeck
Sirach C. 43. V. 21.
Er schüttet den Reifen
auf die Erde wie Salz.
Seht meine lieben Bäume an,
Wie sie so herrlich stehn,
Auf allen Zweigen angetan
Mit Reifen wunderschön!
Von unten an bis oben 'naus
Auf allen Zweigelein
Hängt's weiß und zierlich, zart und kraus,
Und kann nicht schöner sein;
Und alle Bäume rundumher
All alle weit und breit
Stehn da, geschmückt mit gleicher Ehr,
In gleicher Herrlichkeit.
Und sie beäugeln und besehn
Kann jeder Bauersmann,
Kann hin und her darunter gehn,
Und freuen sich daran.
Auch holt er Weib und Kinderlein
Vom kleinen Feuerherd,
Und marsch mit in den Wald hinein!
Und das ist wohl was wert.
Einfältiger Naturgenuß
Ohn Alfanz drum und dran
Ist lieblich, wie ein Liebeskuß
Von einem frommen Mann.
Ihr Städter habt viel schönes Ding,
Viel Schönes überall,
Kredit und Geld und golden Ring,
Und Bank und Börsensaal;
Doch Erle, Eiche, Weid und Ficht
Im Reifen nah und fern –
So gut wird's euch nun einmal nicht,
Ihr lieben reichen Herrn!
Das hat Natur, nach ihrer Art
Gar eignen Gang zu gehn,
Uns Bauersleuten aufgespart
Die anders nichts verstehn.
Viel schön, viel schön ist unser Wald!
Dort Nebel überall,
Hier eine weiße Baumgestalt
Im vollen Sonnenstrahl
Lichthell, still, edel, rein und frei,
Und über alles fein! –
O aller Menschen Seele sei
So lichthell und so rein!
Wir sehn das an, und denken noch
Einfältiglich dabei:
Woher der Reif, und wie er doch
Zustande kommen sei?
Denn gestern abend, Zweiglein rein!
Kein Reifen in der Tat! –
Muß einer doch gewesen sein
Der ihn gestreuet hat.
Ein Engel Gottes geht bei Nacht,
Streut heimlich hier und dort,
Und wenn der Bauersmann erwacht,
Ist er schon wieder fort.
Du Engel, der so gütig ist,
Wir sagen Dank und Preis.
O mach uns doch zum heil'gen Christ
Die Bäume wieder weiß!
Matthias Claudius (1740 - 1815), deutscher Dichter, Redakteur, Erzähler und Herausgeber des Wandsbecker Boten, Pseudonym Asmus
Quelle: Claudius, Asmus omnia sua secum portans, oder Sämtliche Werke des Wandsbecker Bothen, 1774-1812. Vierter Teil. Anmerkung: Von Mozart als Chorsatz vertont