2 Zitate und 3 Gedichte über Dorf.
Das Dorf
Da liegt es still, im saatengrünen Thale,
Das Dörfchen von Gebüsch umkränzt,
Die Dächer roth vom Abenddämrungsstrale,
Der durch die Lindenwipfel glänzt!
Dort wohnt, in niedrer, weinumrankter Hütte,
Von Gottes Engeln stets umschwebt,
Ein Mädchen, guter, frommer, deutscher Sitte,
Für die mein Herz im Stillen bebt!
Sie kümmert nicht der stolzen Stadt Getümmel,
Nicht eitler Mode Flitterglanz!
Der maibeblümte Garten ist ihr Himmel,
Ihr ganzer Schmuk ein Veilchenkranz!
Wann durch den Blütenbaum das Frühroth schimmert,
Entwandelt sie zum Nelkenbeet,
Und pflükt ein Sträuschen, frisch und thaubeflimmert,
Vom lieben Morgenwind umweht!
Und wann die milde Maienabendstille
Vom Thaugewölke niederfleußt,
Horcht sie, am Bach, dem Trauerlied der Grille,
Das durch die Dämrung sich ergeußt!
Freut jedes Strauches sich und jeder Quelle,
Auf ihrer kleinen Schäferflur,
Und jedes Blümchens, jeder Rasenstelle,
Die sanfte Tochter der Natur!
Verlebe deines schönen Lebens Tage,
Du gutes, frommes Mädchen du!
In steter Unschuldsfreude, sonder Klage,
Bis hin zur stillen Grabesruh;
Da siegbekrönt dein Geist dem lichten Throne
Des Mitlers sich entgegenschwingt,
Und hohe Jubel, in der Ueberwinderkrone,
Dem grossen Gottversöhner singt!
Da werd' ich einst gewis dich wieder finden,
Und Gottes mich und deiner freun!
Mit Edens Palmen meine Schläf umwinden,
Beglükt, beglükt auf ewig sein!
Friedrich von Matthisson (1761 - 1831), deutscher Lyriker, Legationsrat, Theaterintendant und Bibliotheksleiter
Quelle: Matthisson, F., Gedichte. 1780. Originaltext
Denn auch das Dorf hat seinen Adel und seine Plebejer und hält auf strenge Etikette.
Heinrich Federer (1866 - 1928), Schweizer Schriftsteller, Erzähler und Romancier
Quelle: Federer, Lachweiler Geschichten, Erstdruck 1911
Im Dartmoor
Der Wind heult übers weite Moor,
die Nebelschwaden ziehen hin,
verhüllen dicht den grauen Tor,
der mitten in der Heide steht,
sie wie ein König stumm bewacht,
von Regenschleiern sanft umweht.
Im tristen grauen Nebelkleid
die kleinen Dörfer, kaum zu sehen,
scheinbar gefallen aus der Zeit.
Der Regen unablässig rinnt,
die Dörfer scheinen menschenleer. –
Und über allem heult der Wind,
zerrt an der Kirche hohem Turm,
an Häusern, die sich ängstlich ducken
vor Nebel, Regen, Wind und Sturm.
Es klingt fast, als ob einer lacht –
so heult kein Sturm, das ist ein Hund,
der alte Hund von Baskerville,
der schaurig heult in mancher Nacht!
© Christa Kluge (*1941), Lehrerin in Ruhestand
Bin ein schlichtes Kind vom Lande,
Mein Palast auf grüner Flur
Jene Hütt' am Wiesenrande,
Meine Amme die Natur.
Freue mich inniglich,
Wenn die muntern Herden treiben
Auf der Berge luft'gen Höh'n;
Auf dem Lande will ich bleiben,
Auf dem Lande ist's so schön!
Hörte viel vom Glanz der Städte,
Wo man lebt in Saus und Braus;
Doch die Sittsamkeit, ich wette,
Ist nur spärlich dort zu Haus.
Ach, davon viele schon
Konnten nicht genug beschreiben!
Nein, ich mag die Stadt nicht sehn.
Auf dem Lande will ich bleiben,
Auf dem Lande ist's so schön!
August von Kotzebue (1761 - 1819), deutscher Jurist und Dramatiker, von 1816-1819 russischer Staatsrat
Quelle: Kotzebue, Der Wildschütz oder Die Stimme der Natur. Oper in drei Akten von Albert Lortzing, Libretto von August Friedrich Ferdinand von Kotzebue, uraufgeführt 1842. Erster Aufzug, zwölfter Auftritt, Baronin