31 Zitate und 3 Gedichte über Mythos.
Das ganze Dasein ist Mysterium: die Gesetze im Kristall, die Bestäubung der Pflanzen, die Liebe, die sich opfert, das Heimweh vor Sonnenuntergängen, das Entzücken im Angesicht des Schönen.
Hermann Oeser (1849 - 1912), deutscher Pädagoge
Quelle: Oeser, Briefwechsel zwischen Hermann Oeser und Dora Schlatter, 1922 (posthum)
Mystizismus lohnt sich während der Hochkonjunktur.
Der Glaube verdient sein Geld in der Baisse.
© Billy (1932 - 2019), eigentlich Walter Fürst, Schweizer Aphoristiker
Quelle: Billy, Aphoretum – Gesammelte Aphorismen, 2010
Es ward von unsern Vätern mit Treuen uns vermacht
Die Sage, wie die Väter sie ihnen überbracht;
Wir werden unsern Kindern vererben sie aufs neu;
Es wechseln die Geschlechter, die Sage bleibt sich treu.
Adelbert von Chamisso (1781 - 1838), eigentlich Louis Charles-Adélaïde de Chamisso de Boncourt, deutsch-französischer Dichter und Naturforscher
Quelle: Chamisso, Gedichte. Deutsche Volkssagen, 1831. Aus: Der Birnbaum auf dem Walserfelde
Ariadne auf Naxos
Auf Naxos Felsen weint verlassen Minos Tochter.
Der Schönheit heisses Flehn erreicht der Götter Ohr.
Von seinem Thron herab senkt, Kronos Sohn, die Blitze,
Sie zur Unsterblichkeit in Wettern aufzuziehn.
Poseidon, Lieb entbrannt, eröffnet schon die Arme,
Umschlingen will er sie, mit seiner Fluthen Nacht.
Soll zur Unsterblichkeit nun Minos Tochter steigen?
Soll sie, den Schatten gleich, zum dunklen Orkus gehen?
Ariadne zögert nicht, sie stürzt sich in die Fluthen:
Betrogner Liebe Schmerz soll nicht unsterblich seyn!
Zum Götterloos hinauf mag sich der Gram nicht drängen,
Des Herzens Wunde hüllt sich gern in Gräbernacht.
Karoline von Günderrode (1780 - 1806, Freitod), deutsche romantische Dichterin
Quelle: Günderrode, K., Gedichte. Gedichte und Phantasien. Entstanden zwischen 1801 und 1804. Originaltext
Don Juan in der Hölle
Als don Juan den Styx befahren sollte
Und Charon seinen obolus bekam:
Ein düstrer bettler dessen auge rollte
Mit starkem rächer-arm die ruder nahm.
Die frauen stöhnten unterm schwarzen himmel
Die brüste schlaff die kleider aufgelöst ·
So wie von opfertieren ein gewimmel
Das ein gedehntes brüllen von sich stösst.
Mit lachen redet Sganarell vom lohne
Indes don Luis den finger zitternd hielt ·
Er wies vor allen toten nach dem sohne
Der frech mit einem greisen haupt gespielt.
Es schien die keusche magere Elvire
Den falschen gatten der ihr buhle war
Zu bitten dass ihn noch ein lächeln ziere
So süss wie in der ersten schwüre jahr.
Ein mann aus stein in voller rüstung lenkte
Das steuer und durchschnitt die schwarze flut –
Der stille held jedoch aufs schwert sich senkte ·
Er hat dies alles nicht zu sehn geruht.
Stefan George (1868 - 1933), Stefan Anton George, deutscher Dichter und Mittelpunkt eines Kreises von Anhängern (George-Kreis)
Quelle: George, S., Gedichte. Baudelaire. Die Blumen des Bösen. Umdichtungen, 1930. Originaltext
Die Mythologie ist eigentlich Poetisch, und hat Dichterische Gesetze.
Johann Gottfried von Herder (1744 - 1803), deutscher Kulturphilosoph, Theologe, Ästhetiker, Dichter und Übersetzer
Quelle: Herder, Kritische Wälder oder Betrachtungen, die Wissenschaft und Kunst des Schönen betreffend, nach Maßgabe neuerer Schriften, entstanden 1768/69, Erstdruck 1769. Originaltext
Homers Nebel und Unsichtbarwerden sind keine Poetische Phrases: sondern gehören mit zum Mythischen Wunderbaren seiner Epopee. Unsichtbar seyn ist nicht der natürliche Zustand der Homerischen Götter.
Johann Gottfried von Herder (1744 - 1803), deutscher Kulturphilosoph, Theologe, Ästhetiker, Dichter und Übersetzer
Quelle: Herder, Kritische Wälder oder Betrachtungen, die Wissenschaft und Kunst des Schönen betreffend, nach Maßgabe neuerer Schriften, entstanden 1768/69, Erstdruck 1769. Originaltext
Hundert blanke, abgegriffene Wahrheiten wiegen oft den Wert einer schönen dunklen Mythe nicht auf.
Rudolf Presber (1868 - 1935), deutscher Journalist, Dichter, Dramatiker, Romancier und Erzähler
Quelle: Presber, Der Zirkus mit den hundert Löwen, 1933
Ich bin alles, was war, was ist und was jemals sein wird. Niemals wird ein Mann erkennen, was hinter meinem Schleier liegt.
Quelle: Inschrift. Auf der Isis-Säule in Sais