68 Zitate und 1 Gedicht über Nostalgie.
Früher sei sogar die Bibel wahrer gewesen,
meinen die unverbesserlichen Nostalgiker.
© Martin Gerhard Reisenberg (*1949), Diplom-Bibliothekar und Autor
Tasso:
O welches Wort spricht meine Fürstin aus!
Die goldne Zeit wohin ist sie geflohn?
Nach der sich jedes Herz vergebens sehnt!
Da auf der freien Erde Menschen sich
Wie frohe Herden im Genuß verbreiteten;
Da ein uralter Baum auf bunter Wiese
Dem Hirten und der Hirtin Schatten gab,
Und jüngeres Gebüsch die zarten Zweige
Um sehnsuchtsvolle Liebe traulich schlang;
Wo klar und still auf immer reinem Sande
Der weiche Fluß die Nymphe sanft umfing;
Wo in dem Grase die gescheuchte Schlange
Unschädlich sich verlor, der kühne Faun
Vom tapfern Jüngling bald bestraft entfloh;
Wo jeder Vogel in der freien Luft
Und jedes Tier, durch Berg und Täler schweifend
Zum Menschen sprach: Erlaubt ist was gefällt.
Prinzessin:
Mein Freund, die goldne Zeit ist wohl vorbei:
Allein die Guten bringen sie zurück;
Und soll ich dir gestehen wie ich denke,
Die goldne Zeit, womit der Dichter uns
Zu schmeicheln pflegt, die schöne Zeit, sie war,
So scheint es mir, so wenig als sie ist,
Und war sie je, so war sie nur gewiß,
Wie sie uns immer wieder werden kann.
Noch treffen sich verwandte Herzen an
Und teilen den Genuß der schönen Welt;
Nur in dem Wahlspruch ändert sich, mein Freund,
Ein einzig Wort: Erlaubt ist was sich ziemt.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung
Quelle: Goethe, Torquato Tasso, 1807. 2. Akt, 1. Auftritt,
Früher, da war vieles gut. Heute ist alles besser.
Manchmal wäre ich froh, es wäre wieder gut.
© Andreas Marti (*1964), Schweizer Texter und Moderator
Nostalgie sucht gerne Wärme in längst erkalteten Nestern.
© Michael Marie Jung (*1940), Professor, deutscher Hochschullehrer, Führungskräftetrainer, Coach und Wortspieler
Quelle: Jung, Ausgesprochen scharfe Konturen. 1500 neue Aphorismen & Sprüche, Books on Demand 2006
Die fehlende Nostalgie dürfte zu den besten Eigenheiten zählen, welche die Tiere uns voraus haben.
© Martin Gerhard Reisenberg (*1949), Diplom-Bibliothekar und Autor
Meiner Anhänglichkeit an das Klassische aller Zeiten, auch außerhalb der Rechtswissenschaft, verdanke ich meine Lebenslust und Rüstigkeit.
Anton Friedrich Justus Thibaut (1772 - 1840), deutscher Jurist, sein Eintreten für ein deutsches bürgerliches Gesetzbuch (1814) gab den Anstoß zu einer Gegenschrift F. C. von Savignys, die einen langen Streit zwischen der »historischen« (Savigny) und der »rechtsphilosophischen« (Thibaut) Rechtsschule einleitete
In der Vergangenheit schwelgen bedeutet immer auch ein wenig stehen bleiben.
© Andreas Marti (*1964), Schweizer Texter und Moderator
Früher war alles besser: Rauchen war cool, das Kino gut und die Kassen übernahmen die Raucherbeinprothese.
In: Merkheft Zweitausendeins, November/Dezember 2007
Die gute alte Zeit verdankt ihr Dasein unserem schlechten Gedächtnis.
Anatole France (1844 - 1924), eigentlich François Anatole Thibault, französischer Erzähler, Lyriker, Kritiker und Historiker, Nobelpreisträger für Literatur 1921