352 Zitate und 15 Gedichte über Not, Elend.
Die heiligen drei Könige des Elends
Über einem Häusel, ganz weiß beschneet,
Golden ein flimmernder Funkelstern steht.
Weiß alle Wege, die Bäume alle weiß,
Milde des goldenen Sternes Gegleiß.
Gelb aus dem Fenster ein Lichtschein schräg
Über das Gärtchen, über den Weg.
Sieh, da über den Feldweg quer
Stakt ein steingrauer Alter her;
Ganz in Lumpen und Flicken getan,
Und hält vor dem Hause an.
Haucht in die Hände und sieht sich um,
Blickt zum Sterne und wartet stumm.
Kommt von der andern Seite an
Wieder ein alter zerlumpter Mann.
Geben sich beide stumm die Hand,
Starren zum Sterne unverwandt.
Kommt ein dritter und grüßt die zwei,
Raunen und tuscheln und deuten die drei.
Blicken zum Sterne, blicken zur Tür;
Tritt ein bärtiger Mann herfür:
"Kamt in Mühen und Sehnen weit;
Geht nach Hause! Es ist nicht die Zeit ..."
Senken die Köpfe die drei und gehn
Müde fort. Es hebt sich ein Wehn,
Hebt sich ein Stürmen, Wirbeln, Gebraus,
Und der goldene Stern löscht aus.
Otto Julius Bierbaum (1865 - 1910), auch Martin Möbius, deutscher Lyriker, Romanautor und Herausgeber der Zeitschrift »Pen«
Quelle: Bierbaum, O. J., Gedichte. Erstdruck in: "Der bunte Vogel", Berlin/Leipzig (Schuster & Loeffler) 1897
Elend liebt es, über sich zu spotten.
William Shakespeare (1564 - 1616), englischer Dichter, Dramatiker, Schauspieler und Theaterleiter
Quelle: Shakespeare, König Richard III. (The Tragedy of King Richard the Third), um 1593, Erstdruck 1597. 2. Aufzug, 2. Szene, Gaunt
Elend, bis zum äußersten Grad von Hungersnot und Pestilenz, vermehrt eher das Wachstum der Bevölkerung, statt es zu hemmen. […] Befände sich alle Welt in bequemen Umständen, so wäre die Welt bald entvölkert.
Samuel Laing (1812 - 1897), engl. Politiker und Sachbuchautor
Quelle: Laing, National Distress: Its Causes of, and Remedies for, 1844. Part II. Chapter II. Economical Causes of Existing Distress (Deutsch in: Karl Marx, Das Kapital, Band 1, Fußnote 898)
Man kann […] kein nutzbringendes Geschäft mit seinem Elend treiben, wenn es echt ist. Keiner ist jemals geachteter oder willkommener gewesen, weil er unglücklicher war als andere.
Giacomo Leopardi (1798 - 1837), ital. Dichter, Essayist und Philologe, bedeutender Erneuerer der italienischen Literatursprache
Quelle: Leopardi, Gedanken aus dem Zibaldone (Pensieri di varia filosofia e di bella letteratura (ab 1817)), postum erschienen 1845. Deutsch von Ludwig Wolde, Verlag von R. Oldenbourg, München und Berlin 1943
Mannigfaltig ist das Elend der Erde, grenzenlos aber ist ihre Erbärmlichkeit.
Edgar Allan Poe (1809 - 1849), US-amerikanischer Journalist, Dichter und Literaturkritiker
Quelle: Poe, Gesammelte Werke, hg. von Franz Blei, München 1922. Bd. III: Berenice. Übers. M. Bretschneider
Der Not ist jede Waffe dienlich.
Publilius Syrus (um 90 - 40 v. Chr.), falsch auch Publius Syrius, römischer Moralist, Aphoristiker und Possenschreiber
Quelle: Publilius Syrus, Sprüche (Sententiae), um 50 v. Chr. Übers. Aphorismen.de
Originaltext: Necessitatit quodlibet telum utile est
Die Not diktiert das Gesetz, sie empfängt es nicht.
Publilius Syrus (um 90 - 40 v. Chr.), falsch auch Publius Syrius, römischer Moralist, Aphoristiker und Possenschreiber
Quelle: Publilius Syrus, Sprüche (Sententiae), um 50 v. Chr. Übers. Aphorismen.de
Originaltext: Necessitas dat legem, non ipsa accipit