24 Zitate und 5 Gedichte über Schutzengel, Genius Loci.
Da betete die kleine Gerda ihr Vaterunser, und die Kälte war so stark, daß sie ihren eigenen Atem sehen konnte, wie ein Dampf stand er ihr aus dem Mund; der Atem wurde dichter und dichter, und er wurde zu kleinen, lichten Engeln, die größer und größer wurden, sowie sie die Erde berührten; und alle hatten sie einen Helm auf dem Kopf und Speer und Schild in den Händen; es wurden ihrer mehr und mehr, und als Gerda ihr Vaterunser zu Ende gesprochen hatte, war eine ganze Heerschar um sie; sie hieben mit ihren Speeren auf die grausigen Schneeflocken ein, so daß sie in hundert Stücke zerschellten, und die kleine Gerda ging ganz sicher und mutig vorwärts. Die Engel streichelten ihre Füße und Hände, und nun fühlte sie weniger, wie kalt es war, und sie ging raschen Schrittes auf das Schloß der Schneekönigin zu.
Hans Christian Andersen (1805 - 1875), dänischer Märchendichter
Quelle: Andersen, Märchen. Aus: Die Schneekönigin
Der Mensch muß ein Schutzengel der Erde werden.
© Leonardo Boff (*1938), brasilianischer katholischer Theologe und Franziskaner, Professor für systematische Theologie in Petrópolis und gilt als einer der profiliertesten Vertreter der Theologie der Befreiung; versteht sich als »Alliierter der Armen« und »Anwalt Lateinamerikas«
Sollte sich mein Schutzengel für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft entscheiden, müßte ich von Grund auf über meine Versicherung nachdenken.
© Pavel Kosorin (*1964), tschechischer Schriftsteller und Aphoristiker
Der Genius
Wiederholen zwar kann der Verstand, was da schon gewesen,
Was die Natur gebaut, bauet er wählend ihr nach.
Über Natur hinaus baut die Vernunft, doch nur in das Leere,
Du nur, Genius, mehrst in der Natur die Natur.
Friedrich von Schiller (1759 - 1805), Johann Christoph Friedrich Schiller, ab 1802 von Schiller, deutscher Arzt, Dichter, Philosoph und Historiker; gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker
Quelle: Schiller, F., Gedichte. Tabulae Votivae, z.T. mit Goethe zusammen verfasst, in: Musenalmanach für das Jahr 1797
Heiliger Engel, Schützer meiner Seele und meines Leibes, verlaß mich Sünder nicht! Weiche nicht von mir wegen meiner Sünden! Umfasse meine schwache Hand und führe mich den Weg des Heiles!
Makarios der Ägypter (um 300 - um 390), auch der Große genannt, war ein Schüler Antonius' dem Großen und lebte 60 Jahre als Einsiedler in der Wüste
Der Begriff »Kotflügel« läßt ahnen, wie beschissen manchmal ein Job als Schutzengel sein kann.
© KarlHeinz Karius (*1935), Urheber, Mensch und Werbeberater
Quelle: Karius, WortHupferl-Edition, WortHupferl-Verlag
Die Nachahmer und der Genius
Gutes aus Gutem, das kann jedweder Verständige bilden,
Aber der Genius ruft Gutes aus Schlechtem hervor.
An Gebildetem nur darfst du, Nachahmer, dich üben,
Selbst das Gebildete ist Stoff nur dem bildenden Geist.
Friedrich von Schiller (1759 - 1805), Johann Christoph Friedrich Schiller, ab 1802 von Schiller, deutscher Arzt, Dichter, Philosoph und Historiker; gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker
Quelle: Schiller, F., Gedichte. Tabulae Votivae, Erstdruck in: Musenalmanach für das Jahr 1797
Der Schutzengel
Ein Schatten fällt auf deine Wange,
Es ist die Wimper nur, die lange.
Ein Seufzer sucht die Himmelslust,
Von der noch warm die Traumesbrust.
Du hast das Heimweh nach dem ewigen Leben
Und fühlst dich mit uns noch im Himmel schweben,
Und kommst bald wieder.
Peter Hille (1854 - 1904), deutscher sozialistischer Dichter, Aphoristiker und mystischer Träumer
Quelle: Hille, Blätter vom fünfzigjährigen Baum, in: Gesammelte Werke von Peter Hille, Band 1, hg. von seinen Freunden, 1904 (posthum)
Hoffentlich verkraften die Schutzengel unser Tempo.
© Billy (1932 - 2019), eigentlich Walter Fürst, Schweizer Aphoristiker
Quelle: Billy, Aphoretum – Gesammelte Aphorismen, 2010