27 Zitate und 1 Gedicht über Selbstlosigkeit.
Nis Randers
Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd -
Ein Schrei durch die Brandung!
Und brennt der Himmel, so sieht man's gut:
Ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sich's der Abgrund.
Nis Randers lugt - und ohne Hast
Spricht er: "Da hängt noch ein Mann im Mast;
Wir müssen ihn holen."
Da faßt ihn die Mutter: "Du steigst mir nicht ein!
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich will's, deine Mutter!
Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
Mein Uwe, mein Uwe!"
Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach!
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
"Und seine Mutter?"
Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.
Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz!
Nun muß es zerschmettern...! Nein: es blieb ganz!...
Wie lange? Wie lange?
Mit feurigen Geißeln peitscht das Meer
Die menschenfressenden Rosse daher;
Sie schnauben und schäumen.
Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt!
Eins auf den Nacken des andern springt
Mit stampfenden Hufen!
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt!
Was da? - Ein Boot, das landwärts hält -
Sie sind es! Sie kommen! -
Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt...
Still - ruft da nicht einer? - Er schreit's durch die Hand:
"Sagt Mutter, 's ist Uwe!"
Otto Ernst (1862 - 1926), eigentlich Otto Ernst Schmidt, deutscher Erzähler, ursprünglich Volksschullehrer
Je mehr der Mensch durch wahre Selbstzucht die Herrschaft über sich erlangt, desto bereiter neigt er sich in barmherziger Liebe dem hilfsbedürftigen Nächsten zu.
Hildegard von Bingen (1098 - 1179), deutsche Mystikerin, Äbtissin und Naturwissenschaftlerin, katholische Heilige
Selbstlosigkeit ist eine Tugend, die jeder hat, an allen anderen vermißt und die in einem gegebenen Falle nicht an sich gefordert zu sehen, sehr erwünscht ist.
Hermann Oeser (1849 - 1912), deutscher Pädagoge
Was sagt dein Gewissen? — „Du sollst der werden, der du bist.“
Friedrich Nietzsche (1844 - 1900), Friedrich Wilhelm Nietzsche, deutscher Philosoph, Essayist, Lyriker und Schriftsteller
Quelle: Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft (La gaya scienza), 1882 (ergänzt 1887)
Es gibt keine Selbstlosigkeit. Der vermeintlich Selbstlose hat nur das Glück, seine größte Befriedigung in gesellschaftlich als uneigennützig anerkanntem Handeln zu finden.
© Sönke Burkert (*1982), Student
Ich frage mich, warum Selbstlosigkeit als Tugend gilt. Nicht SelbstLosigkeit kann das Ziel sein, sondern (Er)Lösung des Selbst.
© Helga Schäferling (*1957), deutsche Sozialpädagogin
Selbstlose Menschen gibt es nicht und in der Politik sind sie noch seltener.
© Prof. Querulix (*1946), deutscher Aphoristiker und Satiriker
Wer nichts für sich selbst sucht, der ist der rechte Herrscher von Gottes Gnaden, nach Gottes Reichsordnung.
Samuel Oettli (1846 - 1911), Schweizer Theologe und Exeget
Aus einer Synodalpredigt 1887
Selbstlosigkeit ist von Dauer. Alles andere zerbricht. Was so gemeinhin als »Liebe« durchgeht eingeschlossen.
© Peter Rudl (*1966), deutscher Aphoristiker