150 Zitate und 10 Gedichte über Spiel, Spielen.
Die Gnomen und das Kartenhaus.
Zwei Gnomen namens Frosch und Frisch
Erblicken Karten auf dem Tisch.
Gar bald vergnügt die beiden sehen:
Die Blätter bleiben aufrecht stehen,
Wenn man sie so zusammenstellt,
Daß eins das andre stützt und hält.
Daß dies gelang, erfreut sie sehr,
Drum rasch zwei neue Karten her!
Die lehnen link und rechts sie bei,
Daß fester steh'n die ersten zwei.
Frisch ist zufrieden nicht damit,
Er will noch weiter einen Schritt.
Da warnt ihn Frosch: "Sei nicht so dumm,
Du wirfst damit die andern um!"
Doch sieh', es geht! Der Frisch ist froh,
Nun macht es Frosch gerade so.
Der Appetit kommt oft bei Tisch,
So geht’s den Gnomen Frosch und Frisch.
Ob des Gelingens froh und heiter
Bau'n beide an dem Häuslein weiter.
Sie lehnen, wie sie's erst getan,
Die beiden Seitenblätter an.
Und wiederholen so genau
Im zweiten Stock den untern Bau.
Weil nun der Arm so weit nicht reicht,
Steigt Frisch hinauf – so geht's vielleicht!
Es geht! Noch nicht der Arbeit satt,
Schleppt Frosch herbei ein neues Blatt.
Doch endlich geh'n die Blätter aus
Und fertig ist das Kartenhaus.
Voll Freude, weil das Werk geglückt,
Jetzt beide tanzen wie verrückt;
Doch eh' sie's denken, – eins – zwei – drei –
Da ist der ganze Spaß vorbei!
Franz Bonn (1830 - 1894), deutscher Textdichter
Quelle: Bonn (Text), Meggendorfer (Bild), Die Gnomen und das Kartenhaus / Das lüsterne Wildschwein / Der brave Karo. Drei lustige Geschichten von Lothar Meggendorfer. Mit Versen von Franz Bonn, 1910
Das Spielen is nix für ein Reichen, wem 's Verlieren nicht mehr weh tut, dem macht 's Gewinnen auch kein' Freud'! – Abenteuer? da muß ich lachen! für einen Reichen existieren keine Abenteuer. 's Geld räumt zu leicht d' Hindernisse auf die Seiten.
Johann Nepomuk Nestroy (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor
Quelle: Nestroy, Der Zerrissene. Posse mit Gesang, 1844. Erster Akt, fünfter Auftritt, Lips
Aber macht man sich nicht bereits einer beleidigenden Einschränkung schuldig, indem man Schach ein Spiel nennt? Ist es nicht auch eine Wissenschaft, eine Kunst, schwebend zwischen diesen Kategorien wie der Sarg Mohammeds zwischen Himmel und Erde, eine einmalige Bindung aller Gegensatzpaare; uralt und doch ewig neu, mechanisch in der Anlage und doch nur wirksam durch Phantasie, begrenzt in geometrisch starrem Raum und dabei unbegrenzt in seinen Kombinationen, ständig sich entwickelnd und doch steril, ein Denken, das zu nichts führt, eine Mathematik, die nichts errechnet, eine Kunst ohne Werke, eine Architektur ohne Substanz und nichtsdestominder erwiesenermaßen dauerhafter in seinem Sein und Dasein als alle Bücher und Werke, das einzige Spiel, das allen Völkern und allen Zeiten zugehört und von dem niemand weiß, welcher Gott es auf die Erde gebracht, um die Langeweile zu töten, die Sinne zu schärfen, die Seele zu spannen. Wo ist bei ihm Anfang und wo das Ende?
Stefan Zweig (1881 - 1942 (Freitod)), österreichischer Germanist, Essayist, Novellist, Lyriker und Erzähler
Quelle: Zweig, Schachnovelle, 1942
Ich ›spiele‹ Schach im wahrsten Sinne des Wortes, während die anderen, die wirklichen Schachspieler, Schach ›ernsten‹, um ein verwegenes neues Wort in die deutsche Sprache einzuführen.
Stefan Zweig (1881 - 1942 (Freitod)), österreichischer Germanist, Essayist, Novellist, Lyriker und Erzähler
Quelle: Zweig, Schachnovelle, 1942
Das Attraktive des Schachs beruht doch im Grunde einzig darin, dass sich seine Strategie in zwei verschiedenen Gehirnen verschieden entwickelt, dass in diesem geistigen Kriege Schwarz die jeweiligen Manöver von Weiß nicht kennt und ständig zu erraten und zu durchkreuzen sucht, während seinerseits wiederum Weiß die geheimen Absichten von Schwarz zu überholen und parieren strebt.
Stefan Zweig (1881 - 1942 (Freitod)), österreichischer Germanist, Essayist, Novellist, Lyriker und Erzähler
Quelle: Zweig, Schachnovelle, 1942
Es ist meinem Gemüt nicht selten sonderbar aufgefallen, wie verständige und würdige Menschen mit nie ermüdender Industrie und mit so großem Ernst das kleine Spiel in ewigem Kreislauf immer von neuem wiederholen können, welches doch offenbar weder Nutzen bringt noch sich einem Ziele nähert, obgleich es das früheste aller Spiele sein mag.
Friedrich von Schlegel (1772 - 1829), deutscher Kulturphilosoph, Schriftsteller und Literaturwissenschaftler. Mit seinem Bruder August Wilhelm Schlegel gilt er als Mitbegründer der deutschen Romantik
Quelle: Schlegel, Lucinde, 1799. Eine Reflexion
Spielen heißt, dem Nichts ein wenig abgewinnen.
© Hans Ulrich Bänziger (*1938), Schweizer Psychologe und Schriftsteller
Quelle: Bänziger, Überhaupt und kopfunter. Aphorismen und Gedanken, 2009
Meide das Spiel.
Disticha Catonis „Distichen Catos“, früher auch Dicta Catonis „Sprüche Catos“, lateinische Sammlung ethischer Vorschriften von unbekannter Autorschaft. Entstanden im 3. oder 4. Jhdt. n. Chr. Wurde dem älteren Cato zugeschrieben, weil sein Name den Inbegriff moralischer Autorität verkörperte
Quelle: Pseudo-Cato, Disticha Catonis. Praefatio 37. Übers. Aphorismen.de
Originaltext: Aleam fugere
Ich werde nicht eher spielen, als bis ich Niemanden finden kann, der mir umsonst Gesellschaft leistet.
Gotthold Ephraim Lessing (1729 - 1781), deutscher Schriftsteller, Kritiker und Philosoph der Aufklärung
Quelle: Lessing, Selbstbetrachtungen und Einfälle, entstanden zwischen 1770 und 1781, Erstdruck in: Nebenstunden, Breslau 1799
Es beschämt nicht, gespielt zu haben, sondern dem Spiel kein Ende zu setzen.
Horaz (65 - 8 v. Chr.), eigentlich Quintus Horatius Flaccus, römischer Satiriker und Dichter
Quelle: Horaz, Briefe (Epistolae). I, 14, 36. Übersetzung: Aphorismen.de
Originaltext: Ne luisse pudet, sed non incidere ludum.