119 Zitate und 5 Gedichte über Tradition.
Seit über 25 Jahren habe ich eine kleine Salatschüssel, die einen Sprung hat. Andere Leute hätten sie schon längst weggeschmissen und sich eine neue gekauft. Ich aber habe sie behalten, und ich liebe sie. Denn wenn irgend jemand behauptet: "Du hast doch einen Sprung in der Schüssel!", dann kann ich wahrheitsgemäß antworten: "Ja"! (By the way, um das noch zu krönen: Ich habe auch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Manche stehen bei mir auf dem Regal ...)
© Wolfgang J. Reus (1959 - 2006), deutscher Journalist, Satiriker, Aphoristiker und Lyriker
Quelle: Reus, Zeit-Zeugnisse, 2001-2006. 32
Es gibt zwei Arten von Kühen: Die einen sind heilig - die anderen werden gemolken!
© Willy Meurer (1934 - 2018), deutsch-kanadischer Kaufmann, Aphoristiker und Publizist, M.H.R. (Member of the Human Race), Toronto
Im unablässigen Schielen auf Traditionen entwirft modernes Leben Zerrbilder.
© Raymond Walden (*1945), Kosmopolit, Pazifist und Autor
Quelle: Walden, Sentenzen von Freiheit, Angelika Lenz Verlag 2005
Was geschehen ist, solange die Welt steht, braucht deshalb nicht zu geschehen, solange sie noch stehen wird.
Marie von Ebner-Eschenbach (1830 - 1916), Marie Freifrau Ebner von Eschenbach, österreichische Erzählerin, Novellistin und Aphoristikerin
Quelle: Ebner-Eschenbach, Aphorismen (in: Die Dioskuren, Band 13), 1884
Bräuche füllen selten Bäuche.
© Martin Gerhard Reisenberg (1949 - 2023), Diplom-Bibliothekar und Autor
Jeder kennt noch ein Zeremoniell, über das er schimpft, und eines, das er behalten wissen will.
Jean Paul (1763 - 1825), eigentlich Johann Paul Friedrich Richter, deutscher Dichter, Publizist und Pädagoge
Quelle: Jean Paul, Bemerkungen über uns närrische Menschen, 1783-99. Mai 1799
Man kann die Sache weder bejahen noch verneinen, man muß sich an das Überlieferte halten.
Titus Livius (59 v. Chr. - 17 n. Chr.), römischer Geschichtsschreiber
Quelle: Livius, Römische Geschichte. Von der Gründung der Stadt an (Ab urbe condita), entstanden ab 27 v. Chr. Vorrede (Praefatio)
Das Altertum hochzuhalten und die Gegenwart zu verachten, das ist die Art der Gelehrten. Aber selbst die, die den Standpunkt höchsten Altertums in unsrer Zeit zu vertreten meinen: wer von ihnen vermag sich den Einflüssen dieser Zeit zu entziehen?
Dschuang Dsi (Zhuangzi) (um 365 - 290 v. Chr.), auch Chuang-tzu, Tschuang-tse oder Zhuāng Zhōu, taoistischer Philosoph, Gegner des Konfuzianismus
Quelle: Dschuang Dsi, Das wahre Buch vom südlichen Blütenland, übersetzt von Richard Wilhelm 1912. 3. Verschiedenes. Buch XXVI. 8. Muße
Der Mensch soll
Immer streben zum Bessern; und, wie wir sehen, er strebt auch
Immer dem Höheren nach, zum wenigsten sucht er das Neue.
Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832), gilt als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung
Quelle: Goethe, Hermann und Dorothea. Versepos, 1797. Polyhymnia. Der Weltbürger. Pfarrer zum Apotheker und zum Wirt
Gar mancher Gedanke, der traditionell im Curse ist in unsrem Umkreise, kommt uns ohne weiteres glaubhaft vor nur deshalb, weil wir ihn uns nie ernstlich angesehen haben.
Richard Rothe (1799 - 1867), deutscher Theologe, gilt als ein Hauptvertreter der sogenannten liberalen Theologie
Quelle: Rothe, Stille Stunden. Aphorismen aus Richard Rothe's handschriftlichem Nachlaß, 1872. Originaltext