87 Zitate und 6 Gedichte über Vaterland.
Der Baum wurzelt im Boden, der ihn emportreibt, das Tier bleibt der Gegend getreu, wo es Futter findet, der rohe Mensch, noch Sklave seines Leibes und darum dem Tier nicht unähnlich, hängt an der Scholle, die ihn nährt; dem Gebildeten aber, dem Menschen von Verstand und Gemüt, ist das Vaterland etwas ganz anderes, etwas viel höheres, und darum kann er es lieben.
Heinrich Luden (1780 - 1847), deutscher Geschichtsschreiber, sachsen-weimarischer Hofrat
Was wär' ein Dasein ohne Vaterland?
Ein Leeres, wie ein Körper ohne Seele!
Des Lebens schönster Inhalt ist mit ihm
In Eins verknüpft durch engste Wechselwirkung -
Es strahlt sein Ruhm auf uns zurück und was
Wir schaffen ist zu seines Ruhmes Wahrung!
Hermann Hersch (1821 - 1870), deutscher Lustspieldichter
Wer für sein kleines Vaterland
sich dünken will zu groß,
Der gleicht dem Riesen, der sich
schämt vor seiner Mutter Schoß.
Wilhelm Müller (1794 - 1827), genannt Griechen-Müller, deutscher Liederdichter (Wander-, Müller-, Griechenlieder) und Philhellene
Die Verheißung eines Lebens auch hienieden über die Dauer des Lebens hienieden hinaus, – allein diese ist es, die bis zum Tode fürs Vaterland begeistern kann.
Johann Gottlieb Fichte (1762 - 1814), deutscher Theologe und Philosoph
Quelle: Fichte, Reden an die deutsche Nation, 1808. 8. Rede: Was ein Volk sei, in der höhern Bedeutung des Worts, und was Vaterlandsliebe
Nicht der Boden ist das Vaterland,
sondern die Menschen darauf.
Rabindranath Tagore (1861 - 1941), in Bengali: Ravindranath Thakur, indischer Dichter und Philosoph, Nobelpreisträger für Literatur 1913
Quelle: Tagore, Das Heim und die Welt, 1916
Nein, Import ist der Nationalismus nirgends, aber überall entsteht Nationalismus erst durch Import, nämlich als Antwort auf Import, als Alarmsignal, wenn sich der Geist eines Volkes durch Import fremder Geistesart bedroht fühlt. Nationalismus ist immer zunächst ein Hilferuf.
Hermann Bahr (1863 - 1934), österreichischer Schriftsteller, Dramatiker sowie Theater- und Literaturkritiker
Quelle: Bahr, Kritik der Gegenwart. Tagebücher vom 16. November 1919 bis 14. Dezember 1920, Augsburg 1922
Vaterland ist die Summe von Landschaft und Menschentum, von der wir durch Geburt oder Gewöhnung umgeben sind…
Karl Kraus (1874 - 1936), österreichischer Schriftsteller, Publizist, Satiriker, Lyriker, Aphoristiker und Dramatiker
Quelle: Kraus, Vor der Walpurgisnacht. Aufsätze 1925-1936. Die nationale Ehre, 1931
Wo dir Gottes Sonne zuerst schien, wo dir die Sterne des Himmels zuerst leuchteten, wo seine Blitze dir zuerst seine Allmacht offenbarten und seine Sturmwinde dir mit heiligen Schrecken durch die Seele brauseten, da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland.
Wo das erste Menschenaug sich liebend über deine Wiege neigte, wo deine Mutter dich zuerst mit Freuden auf dem Schoße trug und dein Vater dir die Lehren der Weisheit ins Herz grub, da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland.
Und seien es kahle Felsen und öde Inseln, und wohne Armut und Mühe dort mit dir, du mußt das Land ewig liebhaben; denn du bist ein Mensch und sollst nicht vergessen, sondern behalten in deinem Herzen.
Ernst Moritz Arndt (1769 - 1860), deutscher Professor für Theologie und Verleger, wegen seiner antinapoleonischen Flugschrift "Geist der Zeit" von 1806 bis 1809 im Asyl in Stockholm
Es gibt Staaten, die man mit jedem
sich bietenden Exil betrügen möchte.
© Martin Gerhard Reisenberg (*1949), Diplom-Bibliothekar und Autor
O, mächtig ist der Trieb des Vaterlands!
Friedrich von Schiller (1759 - 1805), Johann Christoph Friedrich Schiller, ab 1802 von Schiller, deutscher Arzt, Dichter, Philosoph und Historiker; gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker und Lyriker
Quelle: Schiller, Wilhelm Tell, 1802-1804. 2. Akt, 1. Szene, Attinghausen