15 Zitate und 25 Gedichte über Wehmut.
Es war ein alter König,
Sein Herz war schwer, sein Haupt war grau;
Der arme alte König,
Er nahm eine junge Frau.
Es war ein schöner Page,
Blond war sein Haupt, leicht war sein Sinn;
Er trug die seidne Schleppe
Der jungen Königin.
Kennst du das alte Liedchen?
Es klingt so süß, es klingt so trüb!
Sie mußten beide sterben,
Sie hatten sich viel zu lieb.
Heinrich Heine (1797 - 1856), Christian Johann Heinrich Heine (Harry Heine), deutscher Dichter und Romancier, ein Hauptvertreter des Jungen Deutschland, Begründer des modernen Feuilletons
Quelle: Heine, H., Gedichte. Neue Gedichte. Neuer Frühling, 29.
Vorüber
Ich legte mich unter den Lindenbaum,
In dem die Nachtigall schlug;
Sie sang mich in den süßesten Traum,
Der währte auch lange genug.
Denn nun ich erwache, nun ist sie fort,
Und welk bedeckt mich das Laub;
Doch leider noch nicht, wie am dunklern Ort,
Verglühte Asche der Staub.
Friedrich Hebbel (1813 - 1863), Christian Friedrich Hebbel, deutscher Dramatiker und Lyriker
Quelle: Hebbel, F., Gedichte
Die Wehmut ist der Spiegel des Glücks.
Bettina von Arnim (1785 - 1859), deutsche Schriftstellerin, geborene Elisabeth Catharina Ludovica Magdalena Brentano, auch Bettine, Schwester des Philosophen Clemens Brentano
Nach Jahren
Die Mutter lehnt am schattigen Thor,
Ihr blondes Töchterchen kniete davor,
Brach Rosen sich und Vergißmeinnicht,
Und küßt sie mit lachendem Angesicht:
»Ei! Mutter, bin ich so groß wie du,
Dann trag' ich dir Alles im Hause zu,
Dann heg' und pfleg' ich dich lieb und fein
Wie die Rosen und die Vergißnichtmein.« –
Und Jahre schwanden, – am schattigen Thor
Ragt höher und voller der Flieder empor!
Ein Mägdlein umfaßt des Geliebten Arm,
Es schlagen ihre Herzen so treu und warm,
Doch wie sie sich küßten auf Wang' und Mund,
Weinte das Mädchen aus Herzensgrund:
Denn die sie wollt' pflegen so lieb und fein,
Lag still unter Ros' und Vergißnichtmein.
Adolf Böttger (1815 - 1870), deutscher Lyriker und Dramatiker
Es ist kein Verdienst, weise zu sprechen, wenn man nicht mehr die Kraft besitzt, unweise zu handeln.
Otto von Leixner (1847 - 1907), eigentlich Otto von Grünberg, deutscher Novellist, Dichter und Literaturgeschichtler
Quelle: Leixner, Aus meinem Zettelkasten. Sprüche aus dem Leben für das Leben, 1896
Auch den Abgeklärtesten überkommt hier und da ein Hauch von Wehmut.
© Werner Tiltz (*1944), Lyriker und Bass-Sänger
Die Entschwundene
Es war ein heitres goldnes Jahr,
Nun rauscht das Laub im Sande,
Und als es noch in Knopsen war,
Da ging sie noch im Lande.
Besehen hat sie Berg und Tal
Und unsrer Ströme Wallen;
Es hat im jungen Sonnenstrahl
Ihr alles wohlgefallen.
Ich weiß in meinem Vaterland
Noch manchen Berg, o Liebe,
Noch manches Tal, das Hand in Hand
Uns zu durchwandern bliebe.
Noch manches schöne Tal kenn' ich
Voll dunkelgrüner Eichen; –
O fernes Herz, besinne dich
Und gib ein leises Zeichen!
Da eilte sie voll Freundlichkeit,
Die Heimat zu erlangen –
Doch irrend ist sie allzu weit
Und aus der Welt gegangen.
Gottfried Keller (1819 - 1890), Schweizer Dichter und Romanautor
Quelle: Keller, G., Gedichte. Entst. 1865, ersch. 1888
Die Schwalbe
Weshalben ist, o Vogel,
So traurig dein Gesang?
Weshalben fliegst so ängstlich
Du hier den Weg entlang? –
Ich flog für meine Jungen
Nach Nahrung etwas weit,
Da stahl man Nest und Jungen
Mir in der Zwischenzeit.
Deshalben ist, o Mädchen,
So traurig mein Gesang!
Deshalben flieg' so ängstlich
Ich hier den Weg entlang.
Elisabeth Kulmann (1808 - 1825), deutsch-russische Dichterin