91 Zitate und 145 Gedichte über Winter.
Erinnerung
Wenn dir die Kälte
den Winter
lang werden läßt
dann lehne dich
ganz entspannt
an die Heizung
und reise in Gedanken
in die Vergangenheit
nimm dir aus der Erinnerung
ein wenig von der Freude
die du im letzten Frühling
beim Erwachen der Natur
empfunden hast
© Engelbert Schinkel (*1959), einfühlsamer Seelenfärber
Wasserfall im Winter
Eiszapfenfest
vor Felskulisse
Sie tanzen nicht
sie sind nur da
und lassen
die Zeiger der Uhr
erfrieren
nichts fließt mehr
erstarrte Zeit
© Engelbert Schinkel (*1959), einfühlsamer Seelenfärber
Das erfrorene Vögelchen
Lag ein graugelb Vögelein
über dem weißen Schnee,
festgeschlossen die Augen klein,
Beinchen in die Höh.
Sprangen lustig vom Dorf herbei
Kinder mit ihrem Hund,
standen auf einmal still die drei
vor dem Vogel am Grund.
Hob das Mädchen ihn auf vom Schnee;
traurig das Köpfchen hing.
Tat den beiden das Herzchen weh;
sprachen: "Das arme Ding!
Fand schon lange kein Körnchen mehr;
alles so dick verschneit!
Wenn's zu uns doch gekommen wär,
hätten wir gerne gestreut!"
Trugen sie's langsam zum Garten fort,
machten ihm da sein Grab
an den allerstillsten Ort,
den es nur irgend gab.
Aus dem Schnee ragt ein Hüglein frei,
drüber ein Zweiglein gut.
Piepen zwei kleine Vöglein dabei,
wissen nicht, wer da ruht.
Viktor Blüthgen (1844 - 1920), deutscher Schriftsteller und Schriftleiter der »Gartenlaube«
Alles still! es tanzt den Reigen
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber thront das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.
Alles still! vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei.
Keiner Fichte Wipfel rauschet,
Und kein Bächlein summt vorbei.
Alles still! die Dorfeshütten
Sind wie Gräber anzusehn,
Die, von Schnee bedeckt, inmitten
Eines weiten Friedhofs stehn.
Alles still! nichts hör ich klopfen
Als mein Herze durch die Nacht -
Heiße Tränen niedertropfen
Auf die kalte Winterpracht.
Theodor Fontane (1819 - 1898), dt. Schriftsteller, Journalist, Erzähler und Theaterkritiker
Vom künftigen Alter
Der Frost hat mir bereifet des Hauses Dach;
Doch warm ist mir's geblieben im Wohngemach.
Der Winter hat die Scheitel mir weiß gedeckt;
Doch fließt das Blut, das rote, durch's Herzgemach.
Der Jugendflor der Wangen, die Rosen sind
Gegangen, all gegangen einander nach.
Wo sind sie hingegangen? in's Herz hinab:
Da blühn sie nach Verlangen, wie vor so nach.
Sind alle Freudenströme der Welt versiegt?
Noch fließt mir durch den Busen ein stiller Bach.
Sind alle Nachtigallen der Flur verstummt?
Noch ist bei mir im stillen hier eine wach.
Sie singet: Herr des Hauses! verschleuß dein Tor,
Daß nicht die Welt, die kalte, dring' in's Gemach.
Schleuß aus den rauhen Odem der Wirklichkeit,
Und nur dem Duft der Träume gib Dach und Fach.
Ich habe Wein und Rosen in jedem Lied,
Und habe solcher Lieder noch tausendfach.
Vom Abend bis zum Morgen und Nächte durch
Will ich dir singen Jugend und Liebesach.
Friedrich Rückert (1788 - 1866), alias Freimund Raimar, deutscher Dichter, Lyriker und Übersetzer arabischer, hebräischer, indischer, persischer und chinesischer Dichtung
Quelle: Rückert, Gedichte. Ghaselen
Schneeflockenzauber.
Kristalle voller Schönheit
tanzen vom Himmel.
© Helga Schäferling (*1957), deutsche Sozialpädagogin
Schneeflöckchen, Weißröckchen,
da kommst du geschneit,
du kommst aus den Wolken,
dein Weg ist so weit.
Komm, setz dich ans Fenster,
du lieblicher Stern,
malst Blumen und Blätter,
wir haben dich gern.
Schneeflöckchen, du deckst uns
die Blümelein zu,
dann schlafen sie sicher
in himmlischer Ruh.
Hedwig Haberkern (1837 - 1902), »Tante Hedwig«, schlesische Lehrerin