Neuzugänge der letzten 14 Tage.
Es giebt nichts Einfacheres, aber auch nichts Friedlicheres, als unser Leben.
Caroline Philippine Baronin de la Motte-Fouqué (1773 - 1831), eigentlich Caroline Philippine von Briest, deutsche Schriftstellerin der Romantik
Quelle: de la Motte-Fouqué, C., Resignation. Roman, 1829. Emma an den Geistlichen. Originale Rechtschreibung
Die Menschen, die in ungestörten Freuden des Lebens dahin taumeln, mit nichts zu kämpfen haben, besizzen wenig Seelenkräfte, und besonders gar keine Standhaftigkeit, wenn es darauf ankömmt Andern zu helfen oder mit ihnen zu fühlen. Sie sind Maschinen, die, wenn sie dem Wohlleben entrißen werden, nichts weiter empfinden, als den Verlust ihrer unbefriedigten Sinnlichkeit. Im Unglük lernt man denken und moralisch handeln, denn kein Herz das einmal selbst geblutet hat, wird ein anderes zum bluten bringen. Man muß die Leiden selbst empfunden haben, wenn man Andere damit schonen will.
Marianne Ehrmann (1755 - 1795), geb. Marianne Brentano, deutsch-schweizerische Schauspielerin, Schriftstellerin, Journalistin und Verlegerin
Quelle: Ehrmann, Amalie. Eine wahre Geschichte in Briefen. Erstdruck: o. O., o. J. [Hortin, Bern 1788]. 64. Brief. An Amalie. Originale Rechtschreibung
Du freust dich an der Schneeflocke, wenn sie vom Himmel fällt,
den Regentropfen aber verachtest du.
© Christina Telker
( *1949), Kindergärtnerin, Hobbyautorin
Das Karussell
Sie standen stumm und lauschten dem Getön
Verstimmter Instrumente tief in Schlaf:
Die starren Tiere, bunt und wunderschön.
Da sie ein Kinderblick in Schmerz betraf,
Erwachten sie. Die Löwenmähne flog
Im Wind. So klang vom Elefantenzahn
Geläut der Schellen. Rüssel schnob. Es zog
In langem Zug die stolze Karawane
Dahin. Vor ihrem steilen Aufbruch lag
Ein Palmenwald, verstrickt in Abenteuer,
Aus Lichtraketen schoß der heiße Tag,
Kakteen brannten, purpurn, ungeheuer.
Maria Luise Weissmann (1899 - 1929), deutsche Dichterin
Quelle: Weissmann, Gedichte. Das frühe Fest, 1922
Punkte setzt man und spricht darüber.
© Erhard Horst Bellermann (*1937), deutscher Bauingenieur, Dichter und Aphoristiker
Quelle: Bellermann, Veilchen, so weit das Auge reicht. Gedanken um Gedanken, Frieling und Partner, Berlin 2000
Alle Arten von monomanischen, in eine einzige Idee verschossenen Menschen haben mich zeitlebens angereizt, denn je mehr sich einer begrenzt, um so mehr ist er andererseits dem Unendlichen nahe; gerade solche scheinbar Weltabseitigen bauen in ihrer besonderen Materie sich termitenhaft eine merkwürdige und durchaus einmalige Abbreviatur der Welt.
Stefan Zweig (1881 - 1942, Freitod), österreichischer Germanist, Essayist, Novellist, Lyriker und Erzähler
Quelle: Zweig, S., Schachnovelle, Erstdruck Buenos Aires 1942
Die vermeintlich kleinsten Dinge werfen oft die größten Schatten.
© Justus Vogt (*1958), denkender Lebender und lebender Denker
Auf einer Jungfrauen ihren Geburtstag
Der Tag, schöne Menschgöttinne,
der Tag scheinet euch zu Sinne,
euch und uns und aller Schaar,
die euch heute Bänder bindet,
die euch frische Kränze windet
und setzt auf das güldne Haar.
Daß der Lenz die Welt umarmet,
daß der Erden Schoß erwarmet,
daß die Nächte werden klein,
daß der Wind gelinder wehet,
daß der lucker' Schnee zergehet:
das macht euer Sonnenschein.
Euer Sonnenschein, der schöne,
da die muntern Venus-Söhne
heut' in lauter Jauchzen stehn,
den die edlen Karitinnen
und gelehrten Pierinnen
heut' in Fröligkeit begehn.
See und Wald und Feld und Auen
sieht man sich nach Lust umschauen,
die sich heut' auch schon stellt ein.
Mensch und Vieh und Fisch' und Vögel
halten heute diese Regel:
Niemand nicht soll traurig sein.
Ihr auch, Schöne, braucht der Süße
und der lieben Sternen Küsse,
die das Firmament euch giebt,
das für euer Glücke wachet
und euch itzt schon das zulachet,
was ihr wie euch selbsten liebt!
Und du liebster ihrer Tage,
nim hin alle Sorg' und Klage,
bringe neue Lust herfür,
daß du, wenn du kömmest wieder,
von uns hörest neue Lieder,
ihr und dir und uns zur Zier!
Paul Fleming (1609 - 1640), deutscher geistlicher Dichter und Lyriker des Frühbarock
Quelle: Fleming, Teütsche Poemata, 1642 (posthum). Originaltext